Das „Chancen-Aufenthaltsrecht“
Bundesregierung bringt das erste Migrationspaket auf den Weg
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat in einer Pressekonferenz am 6. Juli 2022 den Kabinettsbeschluss zum ersten Teil eines neuen Migrationspakets bekannt gegeben. In dessen Fokus sollen drei große Änderungen stehen: die Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts, Erleichterungen bei der Fachkräftezuwanderung und beim Zugang zu Integrationsmaßnahmen sowie schnellere Rückführungsmöglichkeiten für Gefährder*innen und Straftäter*innen.
Mit dem neuen Chancen-Aufenthaltsrecht sollen gut integrierte Geduldete, die sich zum Stichtag 1. Januar 2022 seit mindestens fünf Jahren in Deutschland aufhalten, eine Chance auf eine langfristige Bleibeperspektive erhalten. Sie erhalten bei Erfüllung aller Voraussetzungen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis, die es ihnen ermöglichen soll, in dieser Zeit alle Kriterien für die Aufenthaltserlaubnis bei nachhaltiger Integration (§ 25b AufenthG) zu erfüllen. Dazu gehört insbesondere die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts, der Nachweis deutscher Sprachkenntnisse und die Klärung der Identität. Vom Chancen-Aufenthaltsrecht ausgeschlossen sind Straftäter*innen und Gefährder*innen sowie Menschen, die durch Falschangaben oder Täuschungen über ihre Identität ihre eigene Abschiebung verhindert haben.
Von über 242.000 Menschen, die derzeit mit einer Duldung in Deutschland leben, könnten bis zu 136.000 vom neuen Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren.
Gut integrierte Geduldete haben nach dem neuen Beschluss außerdem früher Zugang zu einer Aufenthaltserlaubnis: bei Erfüllung aller übrigen Voraussetzungen erhalten erwachsene Geduldete (§ 25b AufenthG) sie nun ab 6 Jahren Aufenthalt in Deutschland – bislang sind 8 Jahre Aufenthalt nötig. Sofern minderjährige Kinder im Haushalt wohnen, sind 4 Jahren ausreichend – statt wie bislang 6 Jahre. Eine Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche (§ 25a AufenthG) ist nun schon ab 3 Jahren Aufenthalt und bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres möglich – bislang gilt: 4 Jahre Aufenthalt, bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres.
Alle Asylbewerber*innen sollen schon im laufenden Verfahren Zugang zu Integrationskursen bekommen – unabhängig von ihrer Bleibeperspektive.
Die Fachkräftezuwanderung nach Deutschland soll attraktiver gemacht werden. So werden einerseits Regelungen aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz entfristet. Andererseits entfallen beim Ehegattennachzug ausländischer Fachkräfte die Sprachnachweise.
Neben den neuen Möglichkeiten für gut integrierte Geduldete soll gleichzeitig aber auch eine Rückführungsoffensive auf den Weg gebracht werden. Gefährder*innen und Straftäter*innen sollen schneller abgeschoben werden können. Dafür wird die maximale Länge der Abschiebehaft bei diesen Gruppen von 3 Monaten auf 6 Monate ausgeweitet.
Der Gesetzesentwurf wird nun dem Bundesrat für eine Stellungnahme vorgelegt und geht anschließend in die Lesungen im Bundestag.
Weitere Beschlüsse zum neuen Migrationspaket wurden für den Herbst 2022 und das Frühjahr 2023 angekündigt. Diese Gesetzesentwürfe sollen einen starken Fokus auf die Fachkräftezuwanderung mit erleichterter Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen haben. Daneben sollen auch bereits hier lebende zugewanderte Frauen zusätzliche Unterstützung erhalten, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.