Auswertung Online-Befragung 2023
Fach- und Hilfskräftemangel:
Hauptantrieb für Integration von Geflüchteten
12.02.2024: Bereits das achte Jahr in Folge hat das bundesweite NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge (NUiF) seine Mitgliedsunternehmen zum aktuellen Stand der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten befragt. Wie bereits in der Befragung von 2022 spielte auch dieses Jahr die Situation der aus der Ukraine geflüchteten Menschen eine besondere Rolle und wurde gezielt erfasst.
Von den zum Befragungszeitpunkt rund 3.800 Mitgliedern haben insgesamt 325 Unternehmen teilgenommen. Zwei Drittel der teilnehmenden Betriebe (72 Prozent) sind kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitenden.
Zentrale Erkenntnisse
- 1. Das Hauptmotiv für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten ist der Fach- und Hilfskräftemangel (84 Prozent), dicht gefolgt von der Übernahme sozialer Verantwortung (76 Prozent).
- 2. Als größte Herausforderung bewerten Unternehmen die komplizierten Verfahren und Vorschriften bei der Beschäftigung von Geflüchteten. Die Unterstützung bei der Wohnungssuche ist dabei auf einen Rekordwert gestiegen (63 Prozent).
- 3. Die Sprachbarriere bleibt eine bedeutende Hürde in der Zusammenarbeit mit Geflüchteten. Im Vergleich zur vorangegangenen Mitgliederbefragung ist der Wert jedoch gesunken und rund 70 Prozent der NETZWERK-Betriebe halten die Sprachprobleme für überwindbar.
- 4. So viele NETZWERK-Betriebe wie noch nie hatten 2023 Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine (60 Prozent). Dabei hat sich der Weg der Kontaktanbahnung verändert. Mehr als die Hälfte der Kontakte (56 Prozent) wurden von den ukrainischen Geflüchteten selbst initiiert.
- 5. Zum ersten Mal wurden die NETZWERK-Betriebe zu ihren Erfahrungen mit dem im März 2020 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) befragt. Bereits 36 Prozent der Mitgliedsunternehmen beschäftigen Mitarbeitende aus Drittstaaten. Insgesamt können sich rund 75 Prozent eine Beschäftigung von Personen aus Drittstaaten vorstellen.
Die Ergebnisse im Jahresvergleich
1. Das Hauptmotiv für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten ist der Fach- und Hilfskräftemangel (84 Prozent), dicht gefolgt von der Übernahme sozialer Verantwortung (76 Prozent).
Der demografische Wandel ist zunehmend eine Herausforderung für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Die geburtenstarken Babyboomer scheiden aus dem aktiven Berufsleben aus und müssen durch gut ausgebildete Fachkräfte – auch aus dem Ausland – ersetzt werden. Dieser Entwicklung trägt auch die Mitgliederbefragung 2023 Rechnung. Zum ersten Mal überhaupt ist der Fach- und Hilfskräftemangel mit 84 Prozent die Hauptmotivation, Geflüchtete im Betrieb aufzunehmen. Im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um sieben Prozentpunkte (2022: 77 %).
Die soziale Verantwortung bleibt mit 76 Prozent eine weiterhin sehr wichtige Motivation für die Beschäftigung Geflüchteter in den NETZWERK-Betrieben – auch wenn die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozentpunkte gesunken ist. 2022 war diesbezüglich aber sicherlich ein spezielles Jahr. Unmittelbar nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine wollten damals besonders viele Unternehmen ihre Solidarität mit Menschen aus der Ukraine demonstrieren und engagierten sich für eine (berufliche) Perspektive der Geflüchteten hierzulande.
2. Als größte Herausforderung bewerten Unternehmen die komplizierten Verfahren und Vorschriften bei der Beschäftigung von Geflüchteten. Die Unterstützung bei der Wohnungssuche ist dabei auf einen Rekordwert gestiegen (63 Prozent).
In der Mitgliederbefragung 2023 berichten die NETZWERK-Betriebe, dass 42 Prozent von ihnen die komplexen Verfahren bei der Einstellung von Geflüchteten als eine große Herausforderung ansehen. Das ist kaum mehr als im Vorjahr, als es 41 Prozent waren. Auch wenn die wahrgenommenen Schwierigkeiten mit bürokratischen Anforderungen in den letzten Jahren mal mehr, mal weniger ausgeprägt waren, bleiben sie dennoch ein stetiger Punkt auf der Tagesordnung der Unternehmen. Die Ursachen scheinen unverändert: Es sind vor allem die teilweise unterschiedlichen zeitlichen und die teilweise bürokratischen Abläufe und Umsetzungen in den einzelnen Bundesländern, die in der Praxis immer wieder für Herausforderungen sorgen. Dass nun 66 Prozent der Unternehmen ihren geflüchteten Mitarbeitenden bei Behördengängen zur Seite stehen, was einem Anstieg von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht, zeigt, dass die Firmen aktiv nach Lösungen suchen und Unterstützung anbieten, wo es möglich ist.
Diese Unterstützungsbereitschaft zeigt sich auch bei der Wohnungssuche, die ebenfalls auf einen Rekordwert gestiegen ist: von 53 Prozent im Vorjahr auf nun 63 Prozent.
3. Die Sprachbarriere bleibt eine bedeutende Hürde in der Zusammenarbeit mit Geflüchteten. Im Vergleich zur vorangegangenen Mitgliederbefragung ist der Wert jedoch gesunken und rund 70 Prozent der NETZWERK-Betriebe halten die Sprachprobleme für überwindbar.
Eine ausreichende Sprachkompetenz ist auch in diesem Jahr wieder eine zentrale Voraussetzung für die Beschäftigung Geflüchteter in einem Unternehmen. Bezogen auf geflüchtete Menschen aus der Ukraine nennen 75 Prozent der NETZWERK-Betriebe den Abbau von Sprachbarrieren als entscheidendes Beschäftigungskriterium. Und auch bei der Bewertung der großen Herausforderungen bei der Integration belegen die Sprachprobleme mit 27 Prozent den zweiten Platz. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies jedoch ein Rückgang um zwei Prozentpunkte. Insgesamt halten jetzt 70 Prozent der befragten NETZWERK-Betriebe Sprachprobleme für „generell überwindbar.“ Mögliche Gründe für diesen positiven Trend gibt es mehrere. Zum einen schließen immer mehr Geflüchtete, insbesondere aus der Ukraine, ihre Sprachkurse erfolgreich ab, zum anderen bieten 59 Prozent der NETZWERK-Betriebe Geflüchteten Unterstützung in Form zusätzlicher Sprachkurse an.
4. So viele NETZWERK-Betriebe wie noch nie hatten 2023 Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine (60 Prozent). Dabei hat sich der Weg der Kontaktanbahnung verändert. Mehr als die Hälfte der Kontakte (56 Prozent) wurden von den ukrainischen Geflüchteten selbst initiiert.
Nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 wurde in der diesjährigen Mitgliederbefragung erneut die spezielle Situation der Menschen aus der Ukraine in Deutschland abgefragt. Demnach hatten 2023 60 Prozent der NETZWERK-Unternehmen Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine. Mit 12 Prozentpunkten mehr im Vergleich zum Vorjahr ist das eine deutliche Steigerung.
Interessanterweise hat sich dabei der Weg der Kontaktanbahnung geändert. Waren es 2022 vorwiegend noch die persönlichen Kontakte der Mitarbeitenden, die ukrainische Geflüchtete in die Unternehmen gebracht haben, ist 2023 das aktive Zugehen der Ukrainerinnen und Ukrainer auf die Unternehmen der häufigste Weg. 56 Prozent der ukrainischen Geflüchteten wählten diese Option. 17 Prozentpunkte mehr als 2022.
5. Zum ersten Mal wurden die NETZWERK-Betriebe zu ihren Erfahrungen mit dem im März 2020 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) befragt. Bereits 36 Prozent der Mitgliedsunternehmen beschäftigen Mitarbeitende aus Drittstaaten. Insgesamt können sich rund 75 Prozent eine Beschäftigung von Personen aus Drittstaaten vorstellen.
Im Rahmen der Mitgliederbefragung 2023 wurden erstmalig die Erfahrungen der NETZWERK-Unternehmen mit der Beschäftigung von Menschen aus Drittstaaten abgefragt. Stand heute beschäftigen schon 36 Prozent der befragten NETZWERK-Betriebe Fachkräfte oder Auszubildende, die im Rahmen der Fachkräfteeinwanderung nach Deutschland gekommen sind. Ein Grund dafür könnte sein, dass gerade die im NETZWERK engagierten Unternehmen und Betriebe eine besondere Offenheit in Fragen ausländischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitbringen. Und einen großen Erfahrungsschatz obendrein. Schon seit 2016 arbeiten viele NETZWERK-Betriebe an der Integration, Ausbildung und Beschäftigung geflüchteter Menschen. Sie entwickeln Ideen und Lösungen, teilen sie im NETZWERK und sind im Umgang mit Behörden gut vertraut.
Weitere Informationen
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Das NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge wurde 2016 als gemeinsame Initiative der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gegründet. Mit aktuell fast 4.000 Mitgliedern ist es deutschlandweit der größte Zusammenschluss von Unternehmen, die sich für die Beschäftigung von Geflüchteten engagieren. Die Angebote des NETZWERKs wie Informationsmaterialien, Webinare, Workshops und Veranstaltungen sind wie die Mitgliedschaft kostenlos.
Weitere Information unter www.unternehmen-integrieren-fluechtlinge.de.
Pressekontakt
Kai von Lengerke
NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge
E-Mail: vonlengerke.kai@dihk.de
Tel.: +49 30 20 308 – 6574