Vielfalt im Unternehmen leben

Sie wollen interkulturelle Vielfalt ganz aktiv und praktisch in Ihrem Betrieb gestalten?

ZALANDO LOGISTICS SE & CO. KG, ERFURT

Zalando ist eine Online-Plattform für Mode und bietet Kunden in 15 Märkten eine umfassende Auswahl an Bekleidung, Schuhen und Accessoires. Mitarbeiter aus 119 Nationen stehen für eine vielfältige, offene und bunte Unternehmenskultur.

Lena Kleinschmidt, Managerin für Integration und Inklusion bei der Zalando Logistics SE & Co. KG, kümmert sich darum, dass kulturelle Vielfalt auch im Logistikzentrum in Erfurt ganz aktiv gelebt wird.

Wie kamen Sie auf die Idee, ein interkulturelles Führungskräftetraining anzubieten?

In unserem Logistikzentrum beschäftigen wir Mitarbeiter aus über 50 Nationen. Um ein Bewusstsein für diese unterschiedlichen Hintergründe zu schaffen, haben wir alle Führungskräfte und Abteilungsleiter zu einem interkulturellen Training eingeladen. So erhalten sie Unterstützung, kulturadäquat zu handeln, und ihre interkulturelle Kompetenz wird gefördert.

Warum haben Sie bei den Führungskräften begonnen und wie geht es nun weiter?

Führungskräfte haben eine wichtige Vorbildfunktion. Daher macht es Sinn, mit dieser Gruppe zu starten. Die Trainings wurden in einem zweiten Schritt durch eine Workshop-Serie ergänzt, die von Mitarbeitern für Mitarbeiter entwickelt wurde. Ziel ist es, so einen dauerhaften Dialog über Gemeinsamkeiten und Unterschiede anzuregen.

Die Ergebnisse wurden dann in einem Diversity-Leitbild festgehalten und sind an einer Infowand für alle Mitarbeiter zugänglich. Hier werden außerdem Angebote gemacht, sich aktiv für Vielfalt einzusetzen. Mitarbeiter können z. B. Sprachbuddys werden oder sich in Volunteering-Projekten engagieren.

Und Ihre Empfehlung an andere Unternehmen zum Thema Diversity Management?

Aus meiner Sicht ist es wichtig, nicht nur einzelne Maßnahmen zu verabschieden, sondern ein Konzept vor Augen zu haben. Die Unternehmenskultur spielt hier eine entscheidende Rolle, da Vielfalt vor allem gelebt werden muss.

Mit Fairness und Akzeptanz Gebetspausen ermöglichen

Gibt es bei uns Möglichkeiten, Gebetpausen zu machen? Gibt es eine entsprechende Pausenregelung? Gibt es Räumlichkeiten, die sich für das Gebet eignen?

Annette Bombala betreibt im südhessischen Seeheim-Jungenheim die beiden Gastronomiebetriebe Annettes Gasthaus Tannenberg und Annettes Gastronomie im Schloss Heiligenberg. Aktuell bildet sie zwei Geflüchtete aus Afghanistan und Somalia zum Restaurantfachmann und zum Koch aus. Fragen zum Thema Gebetspausen haben sich Frau Bombala und ihr Team ganz offen und flexibel genähert.

Wie gehen Sie mit den verschiedenen Religionen Ihrer Mitarbeiter um?

In unserem Team arbeiten Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern. Gerade unsere Küche wird so enorm bereichert. Wir gehen daher mit dem Thema Vielfalt sehr offen um. Das gilt auch für die verschiedenen Religionen der Mitarbeiter. Wir versuchen, hier flexible und unkomplizierte Regelungen zu finden, die beide Seiten glücklich machen. Gerade bei der Ausbildung von jungen Menschen mit Fluchthintergrund gibt es viele Herausforderungen. Da ist es umso wichtiger, für das Thema Religion Regelungen zu finden, damit sich die Auszubildenden auf die Ausbildungsinhalte konzentrieren können.

Gibt es für Mitarbeiter die Möglichkeit, Gebetspausen zu machen?

Das Thema Gebetspausen haben wir von Anfang an ganz unkompliziert gehandhabt: Genauso wie der ein oder andere Kollege eine kurze Raucherpause nimmt, so kann auch Herr Ali Hashi eine kurze Gebetspause machen, ohne die Abläufe bei uns zu stören. Diese Regelung sorgt für Klarheit und verhindert, dass innerhalb der Belegschaft das Thema Religion überhaupt erst zu einem Konflikt werden kann. Das funktioniert natürlich nur deshalb so gut, weil das Team sehr fair ist und gerade auch die Nichtraucher diese Pausen akzeptieren.

Was empfehlen Sie anderen Unternehmen?

Mit gutem Willen und einer gewissen Flexibilität lassen sich viele Dinge, die zu Beginn als ein Problem erscheinen, gut lösen. Zudem ist es sehr wichtig, dass die Belegschaft offen für neue Lösungen und Abläufe ist, wie z. B. für die Einführung Gebetspausen.

Die Belegschaft als Säule der betrieblichen Integration

Wie können Sie ein positives Betriebsklima und ein offenes und tolerantes Miteinander zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fördern? Wie können Sie Vorbehalten gegenüber Geflüchteten in der Belegschaft frühzeitig begegnen und die Vielfalt im Unternehmen stärken?

Die nordluft Wärme- und Lüftungstechnik GmbH & Co. KG aus dem niedersächsischen Lohne ist ein mittelständisches Unternehmen mit über 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Produkte rund um das Element Luft reichen von Hallenheizungen über Lüftungsgeräte bis hin zu Klimaanlagen. Der Vertrieb geht längst über die deutschen Grenzen hinaus und 2018 feierte nordluft das 20-jährige Bestehen der Firma.

Derzeit durchlaufen zwei Geflüchtete ihre Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik und im Sommer 2019 absolviert ein Auszubildender seine Abschlussprüfung. Vorbehalte und Zweifel in der Belegschaft gehörten anfangs zu den Herausforderungen.

Wie haben sich die Vorbehalte und Zweifel in der Belegschaft geäußert?

2015 haben wir zunächst zwei Praktika angeboten. Die Geflüchteten waren noch nicht lange in Deutschland. Wir haben in einer Betriebsversammlung frühzeitig über die Einstellung von zwei Geflüchteten informiert, Vorbehalte waren dennoch da. Das hat sich durch Fragen wie „Wie soll das funktionieren?“ geäußert. Als produzierendes Unternehmen mit Sicherheitsvorschriften waren Zweifel da, was die Verständigung betrifft

Welche Ansätze und Wege haben zum Abbau von Vorbehalten beigetragen?

Wir haben der Belegschaft den Druck genommen und erklärt, dass wir die Sache gemeinsam versuchen möchten und dass es nur gemeinsam funktionieren kann. Da wir den Fachkräftemangel enorm zu spüren bekommen, haben wir der Belegschaft auch den Mehrwert der erfolgreichen Integration erläutert, nämlich neue Fachkräfte. Wir haben auch ganz klar dafür geworben, den Geflüchteten eine faire Chance zu geben und bei Problemen das Gespräch mit den Vorgesetzten zu suchen.

Was raten Sie im Nachhinein Unternehmen, um Vorbehalten entgegenzuwirken?

Bleiben Sie fair und klären Sie auf: Wir teilen beispielsweise unseren Auszubildenden ohne Fluchthintergrund mit, dass sie ebenfalls einen Anspruch auf Förderangebote haben. Eine frühe Kommunikation gegenüber der gesamten Belegschaft ist unverzichtbar. Nicht nur die Unternehmensführung sollte ein offenes Ohr haben, auch die Führungskräfte einzelner Abteilungen sollten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ansprechbar sein.

Der Start in die Zusammenarbeit: Onboarding von Geflüchteten

In den ersten Wochen am Arbeitsplatz brauchen neue Kolleginnen und Kollegen Unterstützung und Orientierung – das gilt gerade auch für Geflüchtete. Wie kann der Betrieb dabei helfen, dass es von Anfang an glattläuft?

ASKLEPIOS KLINIKEN, HAMBURG

Die Asklepios Kliniken Hamburg sind mit mehr als 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der größte Arbeitgeber der Hansestadt. Im Hamburger Süden betreibt die Gruppe das Klinikum Harburg.

Seit 2017 sorgt Alev Gürbalkan hier als Integrationsbeauftragte dafür, dass die vielen Pflegekräfte, Ärzte und Auszubildenden mit Migrationshintergrund sich voll auf ihre Aufgaben konzentrieren können. Dazu gehört es auch, dass sie die neuen Kolleginnen und Kollegen mit Fluchthintergrund in ihren ersten Wochen begleitet.

Seit wann arbeitet das Asklepios Klinikum Harburg mit Geflüchteten zusammen?

Als 2015 sehr viele Geflüchtete nach Hamburg kamen, waren die Asklepios Kliniken schon früh aktiv: Sie haben Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung gestellt, Sprachkurse organisiert und Sammelaktionen auf den Stationen durchgeführt. Die Beschäftigung von Geflüchteten war dann der nächste logische Schritt für uns.

Fängt „Onboarding“ für Sie gleich am ersten Arbeitstag an?

Für mich fängt es noch vor dem Start bei uns an: Ich nehme im Vorfeld Kontakt zu Behörden auf. Wenn sich jemand für eine Stelle in unserem Klinikum interessiert, gehe ich zudem schon früh ins Gespräch, um zu klären: Wie sieht hier der Arbeitsalltag aus? Das ist natürlich besonders wichtig, wenn jemand aus einem anderen Land und Gesundheitssystem kommt. Dazu eignet sich auch eine Hospitation gut.

Wie sehen dann die ersten Wochen bei Ihnen aus?

Ich stelle in einer knappen Mappe die wichtigsten Infos zusammen, die Neuanfänger kennen müssen. Das richtet sich auch an die Stationsleitung: Die direkten Vorgesetzten sind schließlich diejenigen, die häufig Fragen beantworten müssen. Hier sind z. B. Checklisten und ein knapper Einarbeitungsleitfaden enthalten. Eine ganz wichtige Aufgabe für mich ist es, nachzuhaken. Meiner Erfahrung nach wollen viele Geflüchtete nicht zur Last fallen und zu viel fragen. Da gilt es, auch mal zwischen den Zeilen zu lesen, Fingerspitzengefühl zu entwickeln und Hilfe anzubieten. Wir suchen außerdem nach einem Mentor im direkten Team, der Fragen beantwortet und sich persönlich kümmert. Und natürlich ist die Sprache wichtig: Wir bieten hier z. B. berufsbezogene Kurse an.

Von Vielfalt profitieren

Sie wollen sowohl dem neuen Mitarbeiter/der neuen Mitarbeiterin mit Fluchthintergrund als auch der Stammbelegschaft interkulturelle Kompetenzen vermitteln und eine echte Integration ins Unternehmen und den Arbeitsalltag ermöglichen?

MF MERCEDÖL GMBH, BERLIN

Die mf Mercedöl GmbH ist ein Heizungs- und Sanitärbetrieb in Berlin. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den verschiedensten Nationen tragen zur offenen Arbeitskultur des Unternehmens bei. Seit 2016 wird auch ein Geflüchteter zum Anlagenmechaniker ausgebildet.

Dorothee Gutzeit, Controllerin sowie Ausbildungsleiterin bei mf Mercedöl, steht der Stammbelegschaft und den neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei interkulturellen Fragestellungen mit Rat und Tat zur Seite.

Vielfalt als Gewinn: Sie haben bereits Geflüchtete bei sich im Unternehmen eingestellt. Was war Ihre Motivation?

Für uns steht immer der Mensch im Vordergrund, ganz egal, woher jemand kommt. Die geflüchteten Menschen wollen wir über eine Ausbildung oder Beschäftigung in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren. Denn eine berufliche Perspektive ist enorm wichtig, um Wurzeln zu fassen und in einem neuen Land anzukommen.

Welche Herausforderungen haben sich durch die interkulturelle Öffnung Ihres Unternehmens ergeben?

Durch die verschiedenen Kulturen ergeben sich ganz automatisch auch unterschiedliche Sichtweisen auf bestimmte Dinge. Die Frage ist dann immer, wie man im Betrieb mit diesen umgeht. Wichtig ist uns vor allem, dass für alle Mitarbeiter dieselben Regeln gelten. Wenn es um Feiertage oder das tägliche Gebet geht, versuchen wir aber natürlich mit unseren neuen Mitarbeitern im direkten Gespräch zu klären, wie sich diese Punkte in den Arbeitsalltag integrieren lassen.

Und Ihre drei Tipps an andere Unternehmen sind?

Wichtig ist es, sich ganz offen und unvoreingenommen mit den neuen Kulturen auseinanderzusetzen und offen zu kommunizieren – mit der Stammbelegschaft genauso wie mit den Geflüchteten. Zudem sollte es eine feste Ansprechperson im Unternehmen geben, die als „Vermittler“ bei Problemen bereitsteht. Und man sollte Mut haben, neue Wege zu gehen!

Arbeiten während des Ramadan

Wie gehen andere Betriebe mit Mitarbeitern um, die während des Ramadan fasten? Welche Ideen und Tipps gibt es zur Schicht- und Einsatzplanung in dieser Zeit?

Gärtnerhof Jeutter, GÖPPINGEN

Der Gärtnerhof Jeutter in Göppingen ist ein Landschaftsbaubetrieb mit 25 MitarbeiterInnen. Unter den sechs Auszubildenden des Betriebs befinden sich seit 2017 auch Azubis mit Fluchthintergrund.

Einer davon ist Aman Moradi. Der 19-Jährige kommt aus Afghanistan und absolviert eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner. Sein Chef Johannes Jeutter ist überzeugt, dass die Arbeit als Landschaftsgärtner auch während des Ramadan gut möglich ist, wenn man einige Dinge vorab klärt.

Passen Fasten während des Ramadan und die Arbeit in einem deutschen Betrieb zusammen?

Aman Moradi: Mir ist es wichtig, meine Religion zu leben. Im Ramadan darf ich nichts essen und nichts trinken. Letztes Jahr habe ich in der Zeit des Ramadan ein Praktikum als Gärtner gemacht und ich habe mich an die Regeln des Fastens gehalten. Wenn es mir körperlich gut geht, will ich das auch weiterhin so halten. Wenn ich krank bin oder angeschlagen, erlaubt es mir meine Religion, dass ich so weit wie nötig etwas zu mir nehme oder die Fastentage nachhole (Koran, Sure 2, Vers 185).

Wie gehen Sie mit Mitarbeitern um, die während des Ramadan fasten?

Johannes Jeutter: Aman lernt bei uns Landschaftsgärtner. Er ist ein sehr angenehmer und intelligenter Mensch. Er ist motiviert und ernsthaft. Deshalb finde ich es wichtig, dass er seinen inneren Bedürfnissen nachkommt. Niemand sollte dahingehend verbogen werden. Allerdings unterliegen wir den Zwängen der mitteleuropäischen Natur und die fordert vom Gärtner im Frühjahr einiges ab. Wenn der Ramadan ins Frühjahr oder in den Sommer fällt, können wir keinen großen Urlaub gewähren, weil genau hier unser Geld verdient werden muss. Deshalb hoffe ich, dass unsere muslimischen Gärtner sich ihrer körperlichen Grenzen bewusst sind und wenn es hart auf hart kommt, auch in der Lage sind, sich dementsprechend zu verhalten.

Was empfehlen Sie anderen Betrieben?

Johannes Jeutter: Suchen Sie das Gespräch mit Ihren Mitarbeitern: Offenheit für Neues und flexible Lösungen für die Zeit während des Ramadan lassen sich so am besten finden. Kommunikation ist alles, und man nähert sich am besten an, wenn man die Sorgen und Einstellungen des anderen ernst nimmt, aber auch seinen eigenen Standpunkt sachlich und deutlich klar macht.

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