Pressegespräch am 14. Oktober 2021 im Mercure Hotel Stuttgart Airport Messe
Ausbildung in Corona-Zeiten: Fachkräftemangel im Tourismus wieder zunehmend spürbar
Anlässlich des „Sommers der Berufsausbildung“ besucht Thomas Bareiß, Parlamentarischer Staatssekretär und Beauftragter für Tourismus und Mittelstand, das Mercure Hotel Stuttgart Airport Messe und informiert sich zu den Herausforderungen und Chancen der Ausbildung im Tourismusbereich nach 19 Monaten Corona-Pandemie.
Berlin/Stuttgart, 14. Oktober 2021. Der Tourismusbereich und das Gastgewerbe sind wie kaum eine andere Branche von den Beschränkungen infolge der COVID-19 Pandemie betroffen. Nach Kurzarbeit in weiten Teilen der Branche und starken finanziellen Einbußen ließen Öffnungsperspektiven und die Sommerferiensaison zahlreiche Unternehmen wieder aufatmen. Gleichzeitig wird eine bereits bekannte Herausforderung für zahlreiche Betriebe wieder zunehmend spürbar: Waren die Zahlen der neuabgeschlossenen Ausbildungsverträge bereits vor der Pandemie rückläufig, wird der Fachkräftemangel durch die Umorientierung in andere Branchen während des Lockdowns zusätzlich verstärkt.
„Deutschland ist und bleibt ein Reiseland. Umso wichtiger ist es, die zentrale Aufgabe der Nachwuchssicherung aktiv anzugehen. Die duale Ausbildung ist dabei ein entscheidender Erfolgsfaktor. Aus diesem Grund hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gemeinsam mit den Partnern in der Allianz für Aus- und Weiterbildung den „Sommer der Berufsausbildung“ ins Leben gerufen, mit dem Ziel, die Attraktivität der dualen Berufsausbildung zu stärken und junge Menschen, auch in der Krise, wieder für einen Ausbildungsberuf zu begeistern. Dies gilt im besonderen Maße auch für das Hotel- und Gastgewerbe, das sehr stark von den Einschränkungen infolge der Pandemie betroffen war. Der Tourismusbereich ist auch weiterhin eine spannende und attraktive Branche, geprägt durch ein internationales und vielseitiges Arbeitsumfeld mit sehr guten Aufstiegsperspektiven.“
Thomas Bareiß, Beauftragter der Bundesregierung für Tourismus und Mittelstand und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie
„Die letzten zwei Jahre haben gezeigt: Der Corona-Krise zum Trotz bleibt Fachkräftesicherung ein zentrales Zukunftsthema. Auszubildende mit Fluchthintergrund sind seit 2015 zu einer immer wichtigeren Zielgruppe für Unternehmen geworden. Betriebe, die bereits Erfahrungen in der Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Fluchthintergrund sammelten, haben sich in den letzten Jahren wertvolle Kompetenzen aneignen können. Dazu gehört neben der Offenheit im Umgang mit anderen Kulturen und Sprachen auch ein langer Atem, um sich mit neuen rechtlichen und bürokratischen Regelungen auseinanderzusetzen. Diese Fähigkeiten sind unerlässlich, wenn es darum geht, Fachkräfte zu finden und auszubilden - eine Aufgabe, die in Zukunft immer wichtiger wird.“
Sofie Geisel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages e. V. und Geschäftsführerin der DIHK Service GmbH
Hoteldirektor Gürkan Gür kennt die aktuellen Herausforderungen sehr gut: Sein Hotel, das Mercure Stuttgart Airport Messe, hat erst vor wenigen Wochen, am 23. August 2021, nach 17 Monaten Schließzeit seine Türen wieder für Gäste geöffnet. Schon früh hat Gür das Potenzial junger Menschen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte erkannt und möchte auch weiterhin auf diese Zielgruppe setzen:
„Wir setzen bei uns im Hotel bereits seit einigen Jahren ganz explizit auf die Ausbildung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Mir ist es wichtig, diese Menschen für die Hotellerie zu begeistern, sie praxisnah auszubilden, sie schnell in den Betriebsalltag im Hotel zu integrieren und ihnen damit auch langfristig eine gute berufliche Perspektive zu bieten. Und ich als Hoteldirektor profitiere langfristig von gut ausgebildeten Fachkräften und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“
Gürkan Gür, Hoteldirektor Mercure Hotel Stuttgart Airport Messe
Doch auch er spürt die Verunsicherung unter den jungen Menschen und hofft darauf, dass sich die Situation im nächsten Jahr wieder etwas entspannt:
„Bislang konnten wir für das neue Ausbildungsjahr noch keinen unserer Ausbildungsplätze besetzen. Aber wir sind zuversichtlich und dank unserer zahlreichen Vorerfahrungen auch gut vorbereitet.“
Gürkan Gür, Hoteldirektor Mercure Hotel Stuttgart Airport Messe
Saleem Rizwan hat seine Ausbildung im Mercure Hotel Stuttgart Airport Messe erfolgreich abgeschlossen und ist jetzt als Jungkoch im Hotel tätig. Aus eigener Erfahrung weiß er, welche wichtige Rolle der Betrieb für das Gelingen der Ausbildung spielt:
„Die größten Herausforderungen in meiner Ausbildung waren für mich gerade anfangs die Sprache und die kulturellen Unterschiede. Hier war ich sehr froh über die Hilfestellung meines Arbeitgebers, der mir etwa die regelmäßige Teilnahme an Sprachkursen ermöglicht und mir auch darüber hinaus bei allen Fragen zur Seite gestanden hat. Auch meine Kolleginnen und Kollegen waren sehr engagiert und haben mich sofort als Teil des Teams aufgenommen. Gerade für Geflüchtete ist die Hotellerie ein tolles Berufsfeld, weil sie nicht nur sehr spannende Berufsmöglichkeiten, sondern grundsätzlich ein sehr offenes und internationales Umfeld bietet.“
Saleem Rizwan, Jungkoch im Mercure Hotel Stuttgart Airport Messe
Die Ausbildungslage in der Region Stuttgart
8.204 junge Menschen in der IHK Region Stuttgart starteten zum 1. September 2021 bei einem Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb ihre Berufsausbildung. Dennoch sind hier aktuell noch zahlreiche Ausbildungsstellen unbesetzt und ein Start ist auch im laufenden Ausbildungsjahr noch möglich. Im Rahmen des „Sommers der Berufsausbildung“ unterstützt die IHK Region Stuttgart mit zahlreichen Informations- und Kennenlernangeboten, um das Zueinanderfinden zwischen Betrieben und Azubis zu unterstützen. Neben Ausbildungsbotschaftern, die die jungen Menschen auf Augenhöhe über einzelne Berufe informieren, soll das Kennenlernen auch über Azubi-Speed-Datings vereinfacht werden. Um auch die Zielgruppe der Menschen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte zu erreichen und zu fördern, hat das Land Baden-Württemberg bereits 2016 das Programm der „Kümmerer“ (Integration durch Ausbildung - Perspektiven für Zugewanderte) ins Leben gerufen. Sie unterstützen Neuzugewanderte und Geflüchtete bei der Berufsinformation und -wahl, bei der Suche nach einem passenden Praktikum, einer Einstiegsqualifizierung und einem Ausbildungsplatz. Hierüber wurden bei der IHK Region Stuttgart seit 2016 über 670 Geflüchtete/Zugewanderte in eine Ausbildung vermittelt. Darüber hinaus sind die Kümmerer Ansprechpartnerinnen und -partner für Betriebe, beispielsweise bei rechtlichen Fragen und zu Förderangeboten während der Ausbildung.
Heike Gehrung-Kauderer, Präsidentin der IHK Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, sieht die Chancen, die diese Zielgruppe mit sich bringt:
„Der Ausbildungsmarkt in Baden-Württemberg ist schon seit Jahren angespannt; es fehlt an Bewerberinnen und Bewerbern. Besonders betroffen ist die Branche der Hotellerie und Gastronomie; hier haben sich die neuen Ausbildungsverträge in den letzten 10 Jahren nahezu halbiert. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen weiterhin offen für Menschen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte sind und das große Potenzial dieser jungen Menschen erkennen und fördern. Wir sehen jeden Tag, wie motiviert sie den Herausforderungen begegnen, sei es beim Erlernen der deutschen Sprache oder der Orientierung in einem völlig unbekannten Bildungssystem und zu wertvollen Kolleginnen und Kollegen in unseren Betrieben werden. Genau dafür braucht es aber Führungskräfte wie Herrn Gür. Sie sind wichtige Vorbilder, da sie die Integration dieser jungen Menschen in Ausbildung auch in schwierigen Zeiten nicht aus den Augen verlieren.“
Heike Gehrung-Kauderer, Präsidentin der IHK Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen
Unterstützung findet der Hoteldirektor auch beim NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge. Als Mitglied findet er hier Informationen, Updates und die Möglichkeit für einen regelmäßigen Austausch mit anderen Betrieben.
Weitere Informationen
Das NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge wurde 2016 als gemeinsame Initiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gegründet. Mit seinen mehr als 2.800 Mitgliedern ist es deutschlandweit der größte Zusammenschluss von Unternehmen, die sich für die Beschäftigung von Geflüchteten engagieren. Die Angebote des NETZWERKs von Beratung und Informationsmaterialien über Webinare bis hin zu Workshops und Veranstaltungen sind wie die Mitgliedschaft kostenlos. Weitere Informationen gibt es unter www.nuif.de.
Download der Pressemitteilung (als PDF)
Pressekontakt
Katharina Reiche
NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge
E-Mail: reiche.katharina@dihk.de
Tel.: 030 20308 6559