Pressemitteilung

Jeder vierte deutsche Betrieb hatte bereits Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine

Veröffentlicht am: 01.03.2023

03. März 2023 Mehr als 25 Prozent der deutschen Unternehmen hatte bereits Kontakt mit Geflüchteten aus der Ukraine. Dies bescheinigt eine repräsentative Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die im Auftrag des NETZWERKs Unternehmen integrieren Flüchtlinge durchgeführt wurde. Anlass ist die einjährige Geltungsdauer europäischer Regeln vom 4. März 2022, die Ukrainern und Ukrainerinnen vorübergehenden Schutz bieten und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglichen. Die Befragung unter Personalverantwortlichen deutscher Betriebe zeigt: Der persönliche Kontakt der Mitarbeitenden zu betroffenen Ukrainerinnen und Ukrainern ist der häufigste Weg, um mit Kandidatinnen und Kandidaten aus der Ukraine ins Gespräch zu kommen (47 Prozent). Darüber hinaus sind viele Geflüchtete selbst aktiv geworden und kommen direkt mit einer Beschäftigungsanfrage auf die Unternehmen zu (37 Prozent).

David Etmenan, langjähriges Mitglied im NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge und geschäftsführender Gesellschafter und Inhaber der Hotelgruppe NOVUM Hospitality: „Wir hatten sehr schnell und unbürokratisch erste Gespräche geführt und mittlerweile sind 48 Ukrainerinnen und Ukrainer in unseren Hotelbetrieben beschäftigt. Es ist eine großartige Bereicherung für unser Team und hilft uns, offene Stellen mit engagierten und gastfreundlichen Mitarbeitenden zu besetzen. Durch die bestehenden Kontakte und Arbeitsverhältnisse erhalten wir immer wieder neue Anfragen von geflüchteten Ukrainerinnen und freuen uns sehr über die unkomplizierte Zusammenarbeit.“

Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, sagt dazu: „Ich bin den zahlreichen Unternehmen, die diesen Weg so engagiert gehen, sehr dankbar. Viele Geflüchtete aus der Ukraine können sich ein längerfristiges Leben in Deutschland vorstellen – Arbeit ist dafür ein wesentlicher Baustein. Die Bundesregierung hat mit dem „vorübergehenden Schutz“ dafür wichtige Voraussetzungen geschaffen: Ein sicherer Aufenthalt, Zugang zu Sprachkursen und eine schnelle Arbeitserlaubnis erleichtern den Zugang zu Beschäftigung. Und auch für Betriebe deutschlandweit haben wir damit sichergestellt, dass sie Geflüchtete aus der Ukraine rechtssicher und unbürokratisch einstellen können."

Während ukrainische Geflüchtete und deutsche Unternehmen an vielen Stellen bereits im Gespräch sind, kommt eine Beschäftigung nicht in jedem Fall zustande: Etwa ein Drittel der Unternehmen, die mit Geflüchteten in Kontakt standen, gab an, dass aus den Bewerbungen eine Anstellung entstanden ist. Dabei dominiert der direkte Einstieg in eine Beschäftigung: Bei mehr als drei Vierteln (78 Prozent) der entstandenen Arbeitsverhältnisse handelt es sich um Arbeitsverträge. Der Einstieg über ein Praktikum (21 Prozent) oder eine Ausbildung (1 Prozent) spielt bislang eine deutlich kleinere Rolle.

Ein Grund dafür, dass die Übernahme in Beschäftigung aktuell noch schwierig ist, sehen die Personalverantwortlichen in erster Linie in der Sprachbarriere: 71 Prozent bewerten deren Abbau als wesentliche Voraussetzung für eine Beschäftigung ukrainischer Geflüchteter. Den Wunsch nach einer sicheren Rechtslage thematisiert mit 64 Prozent eine Mehrzahl der Befragten. Die stark vereinfachten Bedingungen für Aufenthalt und Arbeitsmarktzugang, die für ukrainische Geflüchtete im Rahmen des „vorübergehenden Schutzes“ geschaffen wurden, werden offensichtlich von vielen Betrieben als wichtige Voraussetzung für eine Beschäftigung wahrgenommen. Auch die Bleibeabsichten der ukrainischen Geflüchteten selbst schaffen es unter die Top Drei der wichtigsten Voraussetzungen für eine Beschäftigung: 48 Prozent der Betriebe wünschen sich hier Klarheit.

Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), erklärt: „Es ist wichtig, die Sprachförderangebote flächendeckend auszubauen. 2022 ist es gelungen, in kürzester Zeit eine große Zahl an Integrationskursangeboten zu schaffen. Im laufenden Jahr ist es nun wichtig, dieses Angebot um berufssprachliche Kurse zu ergänzen. Wir brauchen Angebote für unterschiedliche Berufsgruppen und die Kursformen müssen mit der Arbeitszeit vereinbar sein.“

Die Umfrage wurde im Zuge des IW-Personalpanels durchgeführt. Hier werden dreimal jährlich rund 1.000 Personalverantwortliche befragt. Der Erhebungszeitraum war von Mitte Oktober bis Ende Dezember 2022. Insgesamt haben sich 849 Personen daran beteiligt. Die Ergebnisse sind gewichtet und gelten somit als repräsentativ für die deutsche Wirtschaft.

Alle Ergebnisse der Befragung „Kontakte deutscher Betriebe zu ukrainischen Geflüchteten“ finden Sie hier.

Weitere Beispiele des Engagements der NETZWERK-Unternehmen finden Sie hier.

Weitere Informationen

Der „vorübergehende Schutz“ für ukrainische Geflüchtete

Am 4. März 2022 hat der Rat der Europäischen Union den Beschluss zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in Kraft gesetzt und damit einen pauschalen Schutzstatus in allen EU-Staaten etabliert. Diese Richtlinie existiert bereits seit 2001, im Zuge des Angriffskrieges auf die Ukraine wurde sie jedoch erstmalig angewandt. In Deutschland wird dieses Recht in Form des „vorübergehenden Schutzes“ (§ 24 Aufenthaltsgesetz) umgesetzt: Ukrainische Staatsangehörige sowie Personen, die in der Ukraine internationalen Schutz genossen haben, konnten umgehend eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis beantragen. Sie müssen nicht das Asylverfahren durchlaufen und erhalten einen Schutz für ein Jahr – er kann auf bis zu 3 Jahre verlängert werden. Bereits mit dem Antrag auf vorübergehenden Schutz wird in aller Regel eine uneingeschränkte Arbeitserlaubnis erteilt. Darüber hinaus garantiert dieser Status Zugang zu Sozialleistungen, medizinischer Versorgung, Sprachkursen und Bildungsangeboten.