Auswertung Online-Befragung 2022

Veröffentlicht am: 01.03.2023

Mehr als 25 Prozent der deutschen Betriebe hatten bereits Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine  

Im Auftrag des NETZWERKs Unternehmen integrieren Flüchtlinge befragte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Personalverantwortliche zum aktuellen Stand bei der Beschäftigung von ukrainischen Geflüchteten. Thema der Befragung war der Kontakt deutscher Betriebe mit ukrainischen Geflüchteten sowie die Frage, welche Beschäftigung daraus bereits entstanden ist. Die Umfrage fand im Zuge des IW-Personalpanels statt. Der Erhebungszeitraum war von Mitte Oktober bis Ende Dezember 2022. Die Ergebnisse sind gewichtet und gelten somit als repräsentativ für die deutsche Wirtschaft.

Zentrale Erkenntnisse

1. Mehr als 25 Prozent der deutschen Betriebe hatte bereits Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine.

  • Unternehmen aus dem Dienstleistungsgewerbe hatten häufiger Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine als jene aus dem verarbeitenden Gewerbe.
  • Bei Unternehmen, die ausbilden oder ausgebildet haben, war ebenfalls häufiger ein Kontakt zu den ukrainischen Geflüchteten vorhanden als in Unternehmen ohne eigene Ausbildungsaktivitäten.
  • Je dringender Fachkräfte in einem Unternehmen gesucht werden, desto häufiger haben diese Unternehmen bereits Kontakt zu ukrainischen Geflüchteten aufgenommen.

2. Für Unternehmen kam der Kontakt zu den Geflüchteten aus der Ukraine am häufigsten über die persönlichen Kontakte der Mitarbeitenden zustande.

  • Darauf folgen die Anfragen von ukrainischen Geflüchteten selbst und die Vermittlung von Ehrenamtlichen oder religiöse Gemeinschaften.
  • Die meisten Unternehmen sind nur über maximal zwei unterschiedliche Wege in Kontakt mit den ukrainischen Geflüchteten gekommen.

3. Etwa ein Drittel der Unternehmen gab an, dass aus ihren Kontaktpunkten eine Anstellung entstanden ist.

4. Die daraus entstandenen Arbeitsverhältnisse mit den ukrainischen Geflüchteten waren zum größten Teil Arbeitsverträge (78 Prozent). Der Einstieg über ein Praktikum (21 Prozent) oder eine Ausbildung (1 Prozent) spielt bislang eine deutlich geringere Rolle.

5. Der Abbau von Sprachbarrieren wird als wichtigste Voraussetzung für die Beschäftigung von ukrainischen Geflüchteten genannt.

  • Unterstützung bei der Kinderbetreuung wird von den Personalverantwortlichen hingegen nicht als wesentliche Voraussetzung für die Beschäftigung von ukrainischen Geflüchteten genannt.

6. Unternehmen mit Standorten im Osten Deutschlands schätzen den Abbau von Sprachbarrieren als einen weniger relevanten Faktor für die Beschäftigung von Geflüchteten aus der Ukraine ein als der Rest Deutschlands. Auch viele weitere Aspekte werden von Unternehmen, die ihren Standort in den ostdeutschen Bundesländern haben, seltener als Problem identifiziert.

Zusätzliche Informationen zu ausgewählten zentralen Erkenntnissen

1. Mehr als 25 Prozent der deutschen Betriebe hatte bereits Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine.

  • Unternehmen aus dem Dienstleistungsgewerbe hatten häufiger Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine als jene aus dem verarbeitenden Gewerbe.
  • Bei Unternehmen, die ausbilden oder ausgebildet haben, war ebenfalls häufiger ein Kontakt zu den ukrainischen Geflüchteten vorhanden als in Unternehmen ohne eigene Ausbildungsaktivitäten.
  • Je dringender Fachkräfte in einem Unternehmen gesucht werden, desto häufiger haben diese Unternehmen bereits Kontakt zu ukrainischen Geflüchteten aufgenommen.
Abb. 1: Kontakt zwischen Geflüchteten aus der Ukraine und deutschen Unternehmen 
Abb. 2: Kontakt mit ukrainischen Geflüchteten 

2. Für Unternehmen kam der Kontakt zu den Geflüchteten aus der Ukraine am häufigsten über die persönlichen Kontakte der Mitarbeitenden zustande.

  • Darauf folgen die Anfragen von ukrainischen Geflüchteten selbst und die Vermittlung von Ehrenamtlichen oder religiösen Gemeinschaften.
  • Die meisten Unternehmen sind nur über maximal zwei unterschiedliche Wege in Kontakt mit den ukrainischen Geflüchteten gekommen.
Abb. 3: Kontaktpunkte zu ukrainischen Geflüchteten
Abb. 4: Anzahl Kontaktpunkte zwischen Geflüchteten aus der Ukraine und deutschen Unternehmen 

3. Etwa ein Drittel der Unternehmen gab an, dass aus ihren Kontaktpunkten eine Anstellung entstanden ist.

4. Bei einem Großteil der entstandenen Arbeitsverhältnisse handelt es sich um reguläre Arbeitsverträge (78 Prozent). Der Einstieg über ein Praktikum (21 Prozent) oder eine Ausbildung (1 Prozent) spielt bislang eine deutlich geringere Rolle.

Abb. 5: Art und Anteil der Beschäftigungsverhältnisse

5. Der Abbau von Sprachbarrieren wird als wichtigste Voraussetzung für die Beschäftigung von ukrainischen Geflüchteten genannt.

  • Den Wunsch nach einer sicheren Rechtslage äußern 64 Prozent der Befragten.

Dieser Fakt ist besonders interessant im Lichte des „vorübergehenden Schutzes“, der für Geflüchtete aus der Ukraine erstmal in Kraft gesetzt wurde. Damit wurde die Richtlinie zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, deren Anwendung die EU am 4. März 2022 beschlossen hat, in deutsches Recht überführt. Mit diesem Schutzstatus gehen im Vergleich zum Asylsystem stark vereinfachten Bedingungen für Aufenthalt und Arbeitsmarktzugang einher. Sichere und transparente Rechtsgrundlagen haben eine hohe Relevanz für die Unternehmen bei der Einstellung von Geflüchteten.

  • 48 Prozent der Betriebe wünschen sich Klarheit über die Bleibeabsichten der ukrainischen Geflüchteten.

Neben den rechtlichen Voraussetzungen für die Bleibeperspektive in Deutschland spielt für die Personalverantwortlichen auch die Frage eine wesentliche Rolle, ob sich die ukrainischen Geflüchteten, mit denen sie in Kontakt kommen, selbst eine längerfristige Zukunft in Deutschland vorstellen können. Diese Frage dürfte gerade auch im Vergleich mit Geflüchteten aus anderen Herkunftsstaaten relevant sein: Während für letztere eine Rückkehr in ihr Herkunftsland in aller Regel nicht das Ziel ist, sind mit Blick auf den unklaren weiteren Kriegsverlauf und die geographische Nähe die persönlichen Motive rund um den Verbleib in Deutschland für fast die Hälfte der Betriebe ein wichtiges Thema.

  • Unterstützung bei der Kinderbetreuung wird von den Personalverantwortlichen hingegen nicht als wesentliche Voraussetzung für die Beschäftigung von ukrainischen Geflüchteten genannt.

Die überwiegende Mehrheit der Geflüchteten aus der Ukraine sind Frauen, fast die Hälfte von ihnen ist mit minderjährigen Kindern nach Deutschland gekommen. Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass nur knapp 15 Prozent der Betriebe Unterstützung bei der Kinderbetreuung thematisieren. Damit nimmt diese Voraussetzung in der Einschätzung der Personalverantwortlichen den vorletzten Platz ein. Weniger Bedeutung wird lediglich der Einigkeit innerhalb der Belegschaft zur Beschäftigung von Geflüchteten aus der Ukraine eingeräumt.

Abb. 6: Voraussetzungen für Beschäftigung 

6. Unternehmen mit Standorten im Osten Deutschlands schätzen den Abbau von Sprachbarrieren als einen weniger relevanten Faktor für die Beschäftigung von Geflüchteten aus der Ukraine ein als der Rest Deutschlands. Auch viele weitere Aspekte werden von Unternehmen, die ihren Standort in den ostdeutschen Bundesländern haben, seltener als Problem identifiziert.

Unternehmen im Osten Deutschlands schätzen nicht nur die Sprachbarrieren als geringere Herausforderung ein – auch die meisten anderen Voraussetzungen (sechs der acht zur Auswahl gestellten Aspekte) werden in diesem Teil des Landes seltener als Problem identifiziert. Den ersten Platz nimmt hier – leicht abweichend zum deutschen Mittelwert – das Thema Bleibeabsichten ein.

Hintergrundinformationen zur Umfrage

Download der Ergebnisse als PDF

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) befragt im IW-Personalpanel bereits seit 2010 dreimal jährlich bis zu 1.000 Personalverantwortliche pro Umfrage zu aktuellen und strategischen Themen aus dem Personalbereich. Neben den spezifischen Fachfragen der Auftragsgeber wird im Personalpanel auch immer ein Set von wichtigen Strukturvariablen erhoben bzw. aktualisiert. Dazu gehören neben den „klassischen“ Strukturvariablen Größe, Branche und Region auch Ausbildungsaktivitäten, Intensität des Fachkräftemangels, Digitalisierungsgrad, Einstufung als Familienunternehmen oder Handwerksbetrieb sowie der Anteil höherqualifizierter Beschäftigter. Die Umfrage startete Mitte Oktober 2022 und endete Ende Dezember 2022. An der Umfrage haben 849 Personen aus dem Personalbereich teilgenommen. Für die Hochrechnung wurde das Verfahren der GREG-Gewichtung angewendet. Die Ergebnisse sind somit repräsentativ.

Weitere Informationen zum NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge

Das NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge wurde 2016 als gemeinsame Initiative der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gegründet. Mit aktuell über 3.400 Mitgliedern ist es deutschlandweit der größte Zusammenschluss von Unternehmen, die sich für die Beschäftigung von Geflüchteten engagieren. Die Angebote des NETZWERKs wie Informationsmaterialien, Webinare, Workshops und Veranstaltungen sind wie die Mitgliedschaft kostenlos.

Weitere Information unter www.unternehmen-integrieren-fluechtlinge.de

Pressekontakt

Caroline Strobel
NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge
E-Mail: strobel.caroline@dihk.de
Tel.: +49 30 20 308 – 6551