Ergebnisse der Veranstaltung vom 25. Juni 2025

Im Rahmen der Veranstaltung fanden mehrere Workshops statt. Im Folgenden sind die Ergebnisse von zwei ausgewählten Workshops dokumentiert.

Inhaltsverzeichnis


Einwanderung in die Ausbildung – Was müssen Arbeitgeber wissen?

Inhalte: Überblick zu aufenthaltsrechtlichen Grundlagen und praktischen Fragen zur Ausbildung Geflüchteter oder internationaler Bewerber anhand von Fallbeispielen
Moderation: Sarah Strobel

Weitere Informationen und Downloads:

Download Präsentationsfolien "Einwanderung in die Ausbildung"

Download Checkliste: Rekrutierung von Azubis aus dem Ausland - Zusammenarbeit mit Vermittlungsagenturen


Vorbehalte und Rassismus in Betrieb und Kundschaft

Inhalte: Handlungsmöglichkeiten für Führungskräfte bei diskriminierenden Vorfällen im Arbeitskontext. Diskussion zu Prävention, Kommunikation und innerbetrieblichen Eskalationswegen.
Moderation: Benedikt Michalsky

Zusammenfassung der Workshop-Diskussion zum Umgang mit Konflikten, Diskriminierung und rassistischen Vorfällen im Betrieb

Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, wie Unternehmen strukturiert und wirksam auf diskriminierende Vorfälle oder zwischenmenschliche Konflikte reagieren können. Grundlage waren vier konkrete Fallbeispiele, die in Einzelgruppen bearbeitet und anschließend im Plenum diskutiert wurden. Die folgenden Key Learnings ergeben sich daraus:

Ein zentraler Ausgangspunkt war die schnelle Reaktion auf Vorfälle – idealerweise innerhalb von 24 Stunden. Dieses rasche Handeln signalisiert Handlungsbereitschaft und schafft Vertrauen bei Betroffenen. Parallel dazu wurde betont, dass der Betriebsrat frühzeitig informiert und die jeweilige Führungskraft einbezogen werden muss, um abgestimmte Maßnahmen zu ermöglichen.

Für eine sachgerechte Bewertung ist zu prüfen, ob es sich um eine Straftat handeln könnte, da dies das weitere Vorgehen (z. B. Einbindung externer Stellen) beeinflusst. Unabhängig davon muss das Unternehmen klären, welche Unterstützung die betroffene Person benötigt. Dazu wurden Einzelgespräche mit beiden Parteien empfohlen, um individuelle Perspektiven zu verstehen, Missverständnisse zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu entwickeln. Dabei wurde betont, dass auch aggressive Äußerungen von Mitarbeitenden – etwa gegenüber Vorgesetzten – teilweise versteckte Appelle oder Hilferufe enthalten können. Wichtig sei es daher, nicht nur den Vorfall zu sanktionieren, sondern die dahinterstehenden Motive zu verstehen.

In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, wenn eine Meldestelle eingerichtet ist und die Zuständigkeiten im Eskalationsfall klar geregelt sind. Auch die Entfernung diskriminierender oder provozierender Symbole kann – sofern im konkreten Fall relevant – wie es im Fallbeispiel 1 der Fall war – eine wichtige Maßnahme zur Deeskalation und Positionierung sein.

Für den langfristigen Umgang wurde die Bedeutung eines verbindlichen Code of Conduct betont, der klar kommuniziert, welche Werte das Unternehmen vertritt. Diese Grundhaltung muss jedoch im Alltag sichtbar werden: Werte wie Respekt, Fairness und Gleichbehandlung sollten aktiv gelebt und nicht nur proklamiert werden.

Es wurde außerdem diskutiert, ob und in welchem Umfang Workshops und Schulungsmaßnahmen – etwa zum Thema Rassismus – einen echten Beitrag leisten können. Während sie prinzipiell als wichtiges Instrument zur Sensibilisierung gelten, wurde darauf hingewiesen, dass sie allein nicht ausreichen, wenn sie nicht in eine Gesamtstrategie eingebettet sind oder auf freiwilliger Basis nur gering angenommen werden.

Zum Abschluss der Diskussion wurden nochmal die folgenden Punkte hervorgehoben:

„Prävention schlägt Sanktion.“ Frühzeitiges, konsequentes Handeln kann nachhaltiger wirken als nachträgliche, rein disziplinarische Maßnahmen. Unternehmen, die klare Strukturen schaffen, ihre Haltung deutlich machen und Betroffene aktiv einbinden, fördern eine diskriminierungsfreie, konfliktarme Unternehmenskultur. Dies wirkt sich auch positiv auf das Arbeitgeberimage, die Mitarbeiterbindung und die Rekrutierung aus.

Fallbeispiel 1

In einem Unternehmen bemerkt ein Mitarbeiter, dass auf seinem Spind ein Hakenkreuz eingeritzt wurde. Er ist selbst nicht deutscher Herkunft und fühlt sich durch das Symbol stark irritiert und verunsichert. In den folgenden Ermittlungen mit der Geschäftsführung stellt sich heraus, dass ein anderer Mitarbeiter (ebenfalls mit Migrationshintergrund) das Hakenkreuz angebracht hat. Dieser erklärt, das Symbol sei eigentlich für den Spind des deutschen Vorgesetzten gedacht gewesen, mit dem er einen persönlichen Konflikt habe.

Der Vorfall führt zu Irritationen im Team. Einige Mitarbeitende diskutieren, ob es sich um einen „Missverständnis“ handele oder um einen rassistischen bzw. strafbaren Vorfall. Die Führungskraft ist unsicher, wie sie angemessen reagieren soll.

Fallbeispiel 2

Ein syrischer Mitarbeiter ist neu im Unternehmen und kommuniziert über einen WhatsApp-Chat mit den eigenen Kolleg*innen sowie externen Disponenten. Eines Tages postet er in diesem Gruppenchat ein Bild mit einem Hakenkreuz-Emoji, versehen mit einem lachenden Smiley. Auf Nachfrage erklärt er, es sei „nur ein Witz gewesen“ und ihm sei nicht bewusst gewesen, wie das Symbol in Deutschland verstanden wird.

Einige Kollegen reagieren schockiert, andere verunsichert. Die Disponenten informieren die Geschäftsführung. Diese steht vor der Frage, wie mit dem Vorfall umzugehen ist – strafrechtlich, arbeitsrechtlich und im Hinblick auf die Sensibilisierung im Team.

Fallbeispiel 3

Zwei Unternehmen, ein Supermarkt in Mecklenburg-Vorpommern und eine Bäckerei in Brandenburg, berichten unabhängig voneinander, dass es zuletzt vermehrt zu diskriminierenden Reaktionen von Kund*innen gekommen ist.

Im Supermarkt verweigern einige Kund*innen die Bedienung an der Fleisch- und Käsetheke, sobald dort Mitarbeitende mit sichtbarem Migrationshintergrund stehen. In der Bäckerei äußern Gäste im Cafébereich lautstark Zweifel an der Sprachkompetenz oder dem Können einzelner Mitarbeitender. In Einzelfällen verlangen sie explizit, „von jemand anderem“ bedient zu werden. Zuweilen kommt es auch zu fremdenfeindlichen oder xenophoben Kommentaren gegenüber den Mitarbeitenden.

Die betroffenen Mitarbeitenden fühlen sich verunsichert. Die Unternehmensleitungen sind unsicher, wie sie auf das Verhalten der Kundschaft reagieren sollen, ohne Konflikte zu verschärfen oder Umsätze zu gefährden.

Fallbeispiel 4

Ein Bauunternehmen beschäftigt zahlreiche Mitarbeitende mit Migrationshintergrund, die regelmäßig in gemischten Teams auf Montagebaustellen bundesweit eingesetzt werden.

Mehrere dieser Mitarbeitenden berichten, dass sie auf den Baustellen wiederholt von Beschäftigten anderer Firmen und anderen Gewerken belächelt oder verspottet werden. Dabei wird unter anderem geäußert, dass die deutschen Kollegen nun „mehr arbeiten müssten“, weil sie „mit denen“ auf der Baustelle seien. Damit wird unterstellt, dass die migrantischen Kollegen weniger leistungsfähig oder faul seien.

Zudem beschweren sich die betroffenen Mitarbeitenden darüber, dass sie bei abendlichen Aktivitäten, etwa bei Restaurant- und Kneipenbesuchen, nicht von den anderen eingeladen oder einbezogen werden. Sie vermuten, dass hier Vorurteile oder rassistische Haltungen eine Rolle spielen.

Die Unternehmensleitung erfährt davon durch Rückmeldungen einzelner Teamleiter, ist aber unsicher, wie sie auf Vorfälle reagieren kann, die außerhalb der eigenen Organisation und außerhalb der Arbeitszeit stattfinden.

Kernbotschaften aus der Praxis

  1. „Prävention schlägt Sanktion“: frühzeitiges Handeln verhindert Eskalationen besser als drastische Strafen.
  2. Klare Abläufe & feste Kontaktstellen geben Betroffenen wie Führungskräften Sicherheit und beschleunigen Reaktionen.
  3. Schulung & Sensibilisierung stärken gewaltarme, diskriminierungsfreie Kommunikation und konstruktive Konfliktlösung.
  4. Gelebte Prävention stärkt das Arbeitgeber-Image und erleichtert Rekrutierung sowie Mitarbeiterbindung.

„Cheat Sheet“ Rassismus & Diskriminierung:

1. Rechtsgrundlagen (Kurzüberblick)

  • AGG §§ 7, 12, 15 → Schutzpflicht & Ersatzansprüche
  • BetrVG § 75 (Würde/­Diskriminierungsverbot), § 104 (Betriebsrat kann Versetzung/­Kündigung verlangen)
  • KSchG § 1 (sozial gerechtfertigte Kündigung)
  • BGB § 626 (wichtiger Grund = fristlose Kündigung)
  • StGB § 130 (Volksverhetzung), § 185 ff. (Beleidigung)

 2. Eskalationspfad

  • Prävention: Code of Conduct, Schulung (Antidiskriminierung + Teambuilding), regelmäßige Team‑Reflexionen, anonymer Meldekanal, jährliche Klima‑Survey
  • Mündliche Ermahnung (mit Protokoll!)
  • Schriftliche Ermahnung / Verhaltensvereinbarung
  • Abmahnung (klare Rüge + Androhung Kündigung)
  • Versetzung / BR‑Verlangen nach § 104 BetrVG
  • Ordentliche Kündigung (nach einschlägiger Abmahnung)
  • Fristlose Kündigung (§ 626 BGB) bei extremem Fehlverhalten

 3. Dokumentation

  • Vorfall sofort schriftlich fixieren: Datum, Uhrzeit, Wortlaut, Ort
  • Zeugen sichern und Aussagen unterschreiben lassen
  • Screenshot/Fotomaterial unverändert sichern (Metadaten erhalten)
  • Gesprächsprotokolle + Reaktionsschritte chronologisch ablegen
  • Betriebsrat und SBV (falls betroffen) zeitnah informieren

Literaturliste zum Thema:

  1. Tupoka Ogette – exit RACISM: Rassismuskritisch denken lernen
    Ein tolles Buch, das Leser*innen dazu einlädt, eigene Rassismen zu erkennen.
  2. Eure Heimat ist unser Albtraum (Fatma Aydemir & Hengameh Yaghoobifarah)
    Essay-Sammlung von 14 Autor*innen mit migrantischer Erfahrung in Deutschland. Thematisiert Alltagsrassismus, Sprache, strukturelle Ausgrenzung etc.
  3. Alice Hasters – Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten
    Die Autorin verknüpft persönliche Erfahrungen mit gesamtgesellschaftlichen Strömungen und bietet damit einen guten Einstieg ins Thema.
  4. Aladin El-Mafaalani – Mythos Bildung: Die ungerechte Gesellschaft, ihr Bildungssystem und seine Zukunft
    Fokus auf Bildung, aber mit starkem Bezug zu Chancengleichheit, Migration und struktureller Diskriminierung. Zeigt, wie gesellschaftliche Ungleichheiten systemisch reproduziert werden. Hilfreich für Unternehmer*innen, die Nachwuchs fördern wollen.

Aktuelle Fälle aus der Rechtsprechung:

1.  LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.10.2022 – 12 Sa 51/22:
In diesem Fall ging es um die Wirksamkeit von Kündigungen wegen rassistischer Belästigung. Das Gericht entschied, dass eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse, die durch insistierendes Nachfragen nach der Herkunft erkennbar wird, in der Regel erst nach einer einschlägigen Abmahnung eine Kündigung rechtfertigen kann. Die Kündigungen wurden als unverhältnismäßig angesehen, da eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen wäre.

2. Fristlose Kündigung wegen rassistischer Beleidigung (LAG Köln (4. Kammer), Urteil vom 06.06.2019 - 4 Sa 18/19)
Ein Fall, in dem die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der einen Kollegen rassistisch beleidigt hatte, als wirksam erachtet wurde. Der Arbeitnehmer hatte zuvor bereits eine Abmahnung wegen einer Beleidigung erhalten und zeigte keine Reue. Die fristlose Kündigung wurde als gerechtfertigt angesehen, da sie als wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB betrachtet wurde.

3. Beispiele für Kündigungen ohne vorherige Abmahnung (LAG Düsseldorf, NZA-RR 2021, 298):
In einem weiteren Fall wurde eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung als gerechtfertigt angesehen, als ein Arbeitnehmer im Betrieb erhebliche rassistische Äußerungen machte, wie z.B. "Türken muss man ins Feuer setzen". Solche Äußerungen können eine Kündigung rechtfertigen, auch wenn keine Abmahnung vorausgegangen ist.

Weitere Informationen und Downloads:

Download Präsentationsfolien "Workshop Umgang mit Rassismus und Diskriminierung"

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