
Wie funktioniert die Ausbildungsduldung?
Interview mit Rechtsanwalt Dr. Breidenbach über die 3+2-Regel
31. August 2017. Die Ausbildungsduldung soll Geduldeten und Ausbildungsbetrieben für die Zeit der Ausbildung und einen begrenzten Zeitraum danach mehr Rechtssicherheit verschaffen. Dennoch ergeben sich in der Praxis weiterhin zahlreiche Fragen. Im Nachgang zu unserem Webinar „Rechtssicher durch die Ausbildung: 3+2 Regelung im Überblick“ haben wir mit unserem Referenten Dr. Wolfgang Breidenbach ein Interview zu den wichtigsten Fragen geführt.
Für wen kommt die Ausbildungsduldung in Frage?
Die Ausbildungsduldung kommt für alle Ausländer in Frage, die im Besitz einer Duldung sind. Duldung bedeutet, dass die Person vollziehbar ausreisepflichtig ist, aber die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist. Während des Asylverfahrens findet die Vorschrift keine Anwendung, da die betroffenen Ausländer im Besitz einer Aufenthaltsgestattung sind.
Soweit ein Ausländer bereits als Flüchtling anerkannt worden ist, benötigt er natürlich auch keine Ausbildungsduldung. In diesem Fall gestattet ihm bereits die in der Aufenthaltserlaubnis befindlichen Nebenbestimmung „Erwerbstätigkeit gestattet“ die Durchführung einer Ausbildung, ohne dass hierzu eine Erlaubnis der Ausländerbehörde einzuholen wäre.
Wann erteilt die Ausländerbehörde die Ausbildungsduldung ?
Der Gesetzgeber hat die Ausbildungsduldung als gebundene Entscheidung ausgestaltet. Dies bedeutet, dass diese zu erteilen „ist“, wenn die positiven Voraussetzungen vorliegen und die negativen Voraussetzungen nicht vorliegen. In positiver Hinsicht kommt es darauf an, ob die Berufsausbildung bereits aufgenommen wurde oder ein enger zeitlicher Bezug zum Ausbildungsbeginn vorliegt. Allerdings gibt es unterschiedliche Regeln in den Bundesländern und keine einheitliche Rechtsprechung. Das führt dazu, dass die Behörden eine Zeitspanne zwischen Antrag und Ausbildungsbeginn von sechs Wochen bis zu sechs Monaten als engen zeitlichen Bezug auslegen.
Welche Gründe gibt es, die Ausbildungsduldung zu verweigern?
Eine Ausbildungsduldung wird zum einen verweigert, wenn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Der Durchsetzung der Ausreisepflicht soll in diesem Fall Vorrang eingeräumt werden. Eine Abschiebung ist zum Beispiel absehbar, wenn die Ausländerbehörde bereits ein Passersatzpapier beantragt hat oder die Abschiebung terminiert ist. Darüber hinaus gibt es generelle Versagungsgründe, die einem Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung entgegenstehen. Ein solcher Versagungsgrund liegt z. B. vor, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen aktuell aus Gründen nicht vollzogen werden können, die der Geduldete selbst zu vertreten hat. Auch Geduldeten aus sicheren Herkunftsstaaten, die ihren Asylantrag nach dem 31. August 2015 gestellt haben, darf keine Ausbildungsduldung erteilt werden.
Wird auch eine Ausbildungserlaubnis durch die Ausländerbehörde benötigt?
Ja. Die Erteilung einer Ausbildungserlaubnis ist ein Unterfall der Beschäftigungserlaubnis und steht damit grundsätzlich im Ermessen der Ausländerbehörde. Aber: liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausbildungsduldung vor, ist die Erlaubnis in der Regel zu erteilen. Problematisch ist hier jedoch, wenn der Ausländer keine Papiere vorlegen kann, die seine Staatsangehörigkeit oder seine Identität belegen. In diesem Fall könnte die Erteilung einer Ausbildungsduldung daran scheitern, dass die Ausländerbehörde dem Ausländer einen Verstoß gegen Mitwirkungspflichten vorhält.
Kann auch zwischen Antrag auf Ausbildungsduldung und Ausbildungsbeginn eine Abschiebung eingeleitet werden?
Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Ausschlusstatbestände ist der Zeitpunkt der Antragstellung, nicht der der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung. Ansonsten hätten es die Ausländerbehörden in der Hand, das Entstehen des Anspruchs durch Verzögerung der Entscheidung bei gleichzeitiger Einleitung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu vereiteln. Bei Antragstellung sollten daher alle für die Entscheidung relevanten Unterlagen und bei der dualen Berufsausbildung der sogenannte Geprüft-Stempel der zuständigen Kammer vorliegen.
Dr. Wolfgang Breidenbach ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht in der Kanzlei Flöther & Wissing in Halle (Saale).
Weitere Informationen:
Die vollständige Aufzeichnung des Webinars mit Herrn Dr. Breidenbach zum Thema Ausbildungsduldung können Sie in unserer Mediathek ansehen. Wenn Sie bereits Mitglied in unserem NETZWERK sind, müssen Sie sich vorher nur einloggen. Wenn Sie noch kein Mitglied sind, registrieren Sie sich doch. Dann können Sie auch alle weiteren Mitgliederangebote auf unserer Webseite nutzen.
In unserer Kurzübersicht Ausbildungsduldung finden Sie zudem neben allgemeinen Informationen eine Übersicht über die verschiedenen Regeln in den Bundesländern.