Integrieren und Binden
Ein gut strukturiertes Onboarding hilft, sprachliche Barrieren zu überwinden und eine inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen. Mit bewährten Strategien und praktischen Tipps unterstützen wir Sie dabei, neue Teammitglieder erfolgreich zu integrieren.

Der Einstieg ins Arbeitsleben ist für Geflüchtete oft mit besonderen Herausforderungen verbunden: Sprachbarrieren, ungewohnte Arbeitskulturen und rechtliche Rahmenbedingungen erfordern ein sensibles und strukturiertes Ankommen im Betrieb. Ein gut durchdachtes Onboarding schafft Vertrauen, fördert Motivation und erleichtert die Integration ins Team. Es hilft nicht nur den neuen Mitarbeitenden, sondern auch Führungskräften, Ausbilder*innen und der gesamten Stammbelegschaft, kulturelle Unterschiede zu verstehen und gemeinsam eine produktive Arbeitsumgebung zu gestalten.
Integration beginnt mit gutem Onboarding
Die wichtigsten Tipps rund um das Ankommen im Unternehmen haben wir Ihnen in unserer Onboarding-Broschüre zusammengefasst. Onboarding beginnt dabei schon vor dem ersten Arbeitstag und startet mit einem Blick darauf, wie Sie auch den Bewerbungsprozess auf die Zielgruppe anpassen können, z.B. durch eine Stellenbeschreibung in einfacher Sprache.
- Vor dem ersten Arbeitstag: Halten Sie Kontakt zu den neuen Mitarbeitenden, um sie zu binden und vorzubereiten. Stellen Sie, wenn möglich eine Kontaktmöglichkeit via WhatsApp zur Verfügung. Nutzen Sie Kommunikationsanlässe wie Feiertage der Religionen und Kulturen der neuen Beschäftigten, um in Verbindung zu bleiben. Und vergessen Sie nicht, auch die Stammbelegschaft auf die neuen Kolleg*innen vorzubereiten.
- Erste Arbeitswoche: Unterstützen Sie den Einstieg mit einer Willkommensmappe und klaren Kommunikationsroutinen. Definieren Sie Aufgaben und Ziele, und bieten Sie Raum für Rückfragen und Feedback. Benennen Sie Pat*innen in der Belegschaft – z.B. aus höheren Ausbildungsjahrgängen.
- Bis zum Ende der Probezeit und darüber hinaus: Integrieren Sie die neuen Mitarbeitenden nachhaltig in die Belegschaft. Regelmäßige Feedbackgespräche helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen und die Motivation aufrechtzuerhalten. Achten Sie auf kulturelle und sprachliche Barrieren und bieten Sie Unterstützung an. Denken Sie spätestens jetzt auch über die Nutzung von Fördermöglichkeiten nach, z.B. Sprachkurse, um den weiteren Deutscherwerb zu unterstützen.
Auch zum Umgang mit anderen Kulturen und Religionen gibt es viele Tipps und Ansätze aus dem NETZWERK. Das Thema Gebetspausen regeln Mitgliedsbetriebe z.B. ganz unkompliziert: Genauso wie der ein oder andere Kollege eine kurze Raucherpause nimmt, so können andere eine kurze Gebetspause machen, ohne die Abläufe zu stören. Diese Regelung sorgt für Klarheit und verhindert, dass innerhalb der Belegschaft das Thema Religion überhaupt erst zu einem Konflikt werden kann.
Praktische Unterstützung im Arbeitsalltag
Auch jenseits des Arbeitslebens können Sie Geflüchtete an vielen Stellen ganz praktisch dabei unterstützen, im Alltag in Deutschland anzukommen.
Dazu zählen beispielsweise die folgenden Ideen:
Hilfe bei behördlichen Angelegenheiten
Geflüchtete stehen oft vor großen Herausforderungen im Umgang mit Behörden. Unterstützung bei der Kommunikation und beim Ausfüllen von Anträgen sowie Begleitung zu Terminen kann Missverständnisse vermeiden, Ängste nehmen und den Prozess beschleunigen.
Asylsuchende sind zunächst grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Nach 15 Monaten des Aufenthalts in Deutschland besteht Anspruch auf Leistungen entsprechend der Sozialhilfe, was die reguläre gesetzliche Krankenversicherung einschließt. Bei Aufnahme einer Beschäftigung werden Geflüchtete unabhängig vom Aufenthaltsstatus sozialversichert. Sie sind dann Mitglied in der Arbeitslosen-, Renten-, Unfall- und Pflegeversicherung und erhalten eine Sozialversicherungsnummer.
Einen Wegweiser durch das deutsche Gesundheitssystem in 14 verschiedenen Sprachen hat der Ethno-Medizinische Zentrum e.V. gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erstellt. Kostenlos herunterladen und bestellen können Sie die 40-seitige Broschüre hier.
Ein Führerschein aus Nicht-EU-Staaten darf nur für eine Dauer von sechs Monaten ab dem Ersteinreisedatum in Deutschland genutzt werden. Dazu müssen die Dokumente übersetzt und bei der Führerscheinstelle in einen vorläufigen Führerschein umgetauscht werden. Die Übersetzung übernimmt z.B. der ADAC.
Nach sechs Monaten muss ein deutscher Führerschein erworben werden. In der Regel müssen Geflüchtete dann eine theoretische und praktische Prüfung absolvieren. Länderabhängige Ausnahmen führt der ADAC in seiner Staatenliste auf. Fahrstunden sind nicht vorgeschrieben. Die theoretische Prüfung kann unter anderem in Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch, Türkisch und auf Arabisch absolviert werden.
Unterstützung im Alltag
Doch nicht nur beim Kontakt mit Behörden können Geflüchtete Hilfe gebrauchen. Bei Angelegenheiten wie der Wohnungssuche, der Kontoeröffnung oder Schulanmeldung können Unternehmen zum Teil schon mit einfachen Tipps helfen, da viele der Geflüchteten mit den hiesigen Eigenheiten bestimmter Bereiche nicht vertraut sind.
Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis dürfen in eine eigene Wohnung ziehen. Geduldete und Asylbewerber*innen müssen dagegen normalerweise auf bestimmte Zeiten beschränkt in Sammelunterkünften wohnen, hier gibt es Unterschiede je nach Bundesland. Wenn sie ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren können und keine staatlichen Leistungen mehr benötigen, können sie bei der Ausländerbehörde beantragen, in eine Privatwohnung zu ziehen. Dabei können auch andere Behörden einbezogen werden. Die Entscheidung liegt bei der Ausländerbehörde.
Um in bestimmte Aufenthaltstitel wechseln zu können, ist es außerdem nötig, eigenen Wohnraum vorzuweisen. Auch dafür lohnt es sich, frühzeitig bei der Suche zu unterstützen, z.B. mit Hilfe von lokalen Flüchtlingsinitiativen. Städte und Gemeinden bieten oft ebenfalls Wohnungsbörsen an. Auch die Bereitstellung von Beschäftigtenwohnungen kann hier hilfreich sein
Seit der Einführung des „Zahlungskontengesetzes“ am 19. Juni 2016 hat jede Person in Deutschland das Recht darauf, ein sogenanntes Basiskonto zu eröffnen. Das gilt auch für Asylsuchende und Geduldete. Das Konto funktioniert wie ein übliches Girokonto: Es muss Überweisungen, Ein- und Auszahlungen, Lastschriften sowie Kartenzahlungen ermöglichen.
Hilfestellungen im Arbeitsumfeld
Integration am Arbeitsplatz bedeutet mehr als nur den Arbeitsvertrag zu unterschreiben und sich einzuarbeiten. Es geht darum, betriebliche Regeln zu lernen und zu leben, sowie die Vielfalt und individuellen Hintergründe der Mitarbeitenden zu nutzen. Studien zeigen, dass gutes Diversity Management die Arbeitsergebnisse verbessert und kreativere Lösungen fördert.
Mitarbeitende mit Fluchthintergrund können von den vielen neuen Eindrücken und den hohen Anforderungen anfangs überwältigt sein, insbesondere in der Ausbildung. Auch die unbekannte Arbeitskultur stellt häufig eine Herausforderung dar. Unternehmen haben festgestellt, dass Paten- und Mentoringprogramme hier sehr hilfreich sein können. Diese Programme bieten den neuen Mitarbeitenden eine feste Ansprechperson, an den sie sich bei Fragen oder Problemen jederzeit wenden können. Bei Auszubildenden übernehmen oft Azubis aus höheren Lehrjahren diese Rolle und sammeln dabei erste Erfahrungen in der Personalverantwortung. Tipp: Um Hemmungen und Ängste abzubauen, sollten die Mentor*innen oder Pat*innen nicht die direkten Vorgesetzten sein.
Flucht-Traumata und ihre Folgen können sich auch am Arbeitsplatz niederschlagen. Vorgesetzte und unmittelbare Kolleginnen und Kollegen sollten dafür sensibilisiert werden. Betriebe können und müssen diese Probleme aber nicht alleine lösen: Psychosoziale Zentren für Geflüchtete unterstützen Sie dabei. Auf den Seiten der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAFF) finden Sie Ansprechpartner in Ihrer Region.
Stammbelegschaft mitdenken
„Wir haben in einer Betriebsversammlung frühzeitig über die Einstellung von zwei Geflüchteten informiert, Vorbehalte waren dennoch da. Das hat sich durch Fragen wie „Wie soll das funktionieren?“ geäußert. Als produzierendes Unternehmen mit Sicherheitsvorschriften waren Zweifel da, was die Verständigung betrifft. Wir haben der Belegschaft den Druck genommen und erklärt, dass wir die Sache gemeinsam versuchen möchten und dass es nur gemeinsam funktionieren kann. Da wir den Fachkräftemangel enorm zu spüren bekommen, haben wir der Belegschaft auch den Mehrwert der erfolgreichen Integration erläutert, nämlich neue Fachkräfte.“
Ulla Kampers, Personalleitung nordluft Wärme- und Lüftungstechnik GmbH & Co. KG


Willkommensmappen gestalten
„Ich stelle in einer knappen Mappe die wichtigsten Infos zusammen, die Neuanfänger kennen müssen. Das richtet sich auch an die Stationsleitung: Die direkten Vorgesetzten sind schließlich diejenigen, die häufig Fragen beantworten müssen. Hier sind z. B. Checklisten und ein knapper Einarbeitungsleitfaden enthalten. Eine ganz wichtige Aufgabe für mich ist es, nachzuhaken. Meiner Erfahrung nach wollen viele Geflüchtete nicht zur Last fallen und zu viel fragen. Da gilt es, auch mal zwischen den Zeilen zu lesen, Fingerspitzengefühl zu entwickeln und Hilfe anzubieten. Wir suchen außerdem nach einem Mentor im direkten Team, der Fragen beantwortet und sich persönlich kümmert. Und natürlich ist die Sprache wichtig: Wir bieten hier z. B. berufsbezogene Kurse an.“
Alev Gürbalkan, Integrationsbeauftragte Asklepios Kliniken Hamburg
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Tipps und Ideen für Betriebe, die neue Mitarbeitende vielfältigkeitsbewusst einarbeiten möchten
Tipps und Informationen zu Fragen aus dem Arbeitsalltag wie Schichtplanung im Ramadan sowie Umgang mit Feiertagen, Gebetspausen oder Kleidungsvorschriften
Externe Tipps & Links
Flüchtlingsberatungsstellen bieten kostenlos Rat und Hilfe im Umgang mit Ämtern, zum Asylverfahren, aber auch bei Fragen des Alltags.
Das KOFA gibt alltagstaugliche Tipps zum Thema Vielfalt in KMU
Umfangreiche Informationen der Unternehmensinitiative „Charta der Vielfalt“ rund um Diversity-Management und Vielfalt in Unternehmen
Die Initiative Neue Qualität der Arbeit beleuchtet die Themen Chanchengleichheit und Diversity
Das RKW Kompetenzzentrum gibt in dieser Publikation Tipps und Argumente gegen die Sprachlosigkeit im Austausch mit der Belegschaft

