Ausbildung und Ausbildungsduldung
Leider hören wir immer wieder von Fällen, in denen Geflüchtete während der Arbeitszeit im Unternehmen von der Polizei abgeholt und abgeschoben werden. Für uns ist dies eine fragwürdige Praxis, letztlich wird hier aber geltendes Recht umgesetzt. Vermeiden können Sie dies zwar, in dem Sie nur Menschen beschäftigen, die über eine sichere Aufenthaltsperspektive oder einen positiven Asylbescheid verfügen. Unserer Ansicht nach sollte sich die Frage, ob Sie jemanden einstellen oder nicht, aber eher nach seiner oder ihrer Qualifikation richten als nach dem Geburtsort. Wir empfehlen von Anfang den steten Kontakt zur Ausländerbehörde zu suchen und zu wahren und als Unternehmen vorbeugend deutlich zu machen, dass der oder die Mitarbeitende für Ihr Unternehmen wichtig ist. Wenn Sie die Person ausbilden, besteht auch die Möglichkeit, eine Ausbildungsduldung zu beantragen. Sind alle anderen Optionen zur Erlangung eines Aufenthalts asugeschöpft, kann die Härtefallkommission angerufen werden (siehe FAQ).
Bitte beachten Sie auch, dass Sie als Arbeitgeber verpflichtet sind, eine Fotokopie oder einen Scan des Aufenthaltstitels der bei Ihnen beschäftigten ausländischen Mitarbeitenden aufzubewahren sowie zu kontrollieren, ob der Aufenthaltstitel die Erwerbstätigkeit beschränkt oder sogar ganz verbietet (AufenthG § 4a Abs. 5 S. 3 Nr. 3). Das gilt auch für Mitarbeitende mit Fluchthintergrund.
Jede Person mit einem rechtskräftig abgelehnten Asylantrag. Das heißt
- der Asylantrag muss durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt worden sein und
- ENTWEDER das Klageverfahren gegen die Entscheidung rechtskräftig beendet worden sein,
- ODER die Frist zur Klage gegen den Entscheid des BAMF ist verstrichen.
Sie brauchen einen formlosen Antrag auf Ausbildungsduldung. Eine Vorlage finden Sie hier. Außerdem brauchen Sie den Ausbildungsvertrag. Dieser muss bei der zuständigen Stelle, meistens die Handwerkskammer (HWK) oder Industrie- und Handelskammer (IHK), im Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse vermerkt sein sowie durch die zuständige Stelle bestätigt worden sein. Dies geht beispielsweise mit einem Stempel "Eingetragen" auf dem Ausbildungsvertrag.
Bei einer schulischen Ausbildung können Sie eine Bestätigung der Schule einreichen.
Folgende Versagensgründe (Ausschlussgründe) werden im Gesetz genannt, die dazu führen, dass eine Ausbildungsduldung nicht erteilt werden darf:
- Leistungsmissbrauch: Die Person darf nicht nur in Deutschland Asyl beantragt haben, um Leistungen gemäß des Asylbewerberleistungsgesetzes zu bekommen.
- Zum Antragszeitpunkt dürfen keine konkreten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bevorstehen, die in einem hinreichend sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Aufenthaltsbeendigung stehen. Dazu zählen:
- Ärztliche Untersuchungen zur Feststellung der Reisefähigkeit
- Antrag zur geförderten Ausreise
- Buchung des Abschiebeflugs
- Dublin-III-Verfahren (Bestimmung des zuständigen EU-Staats)
- Straftaten: Die Person darf nicht zu Geldstrafen von über 50 Tagessätzen verurteilt worden sein ODER Straftaten nach dem Aufenthalts- oder Asylgesetz von mehr als 90 Tagessätzen verurteilt sein.
- Sicherer Herkunftsstaat: Die Person darf nicht aus einem sicheren Herkunftsland gemäß §29a Asylgesetz stammen. Diese sind Stand August 2023 alle EU-Staaten, Albanien, Bosnien- und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Montenegro, Mazedonien, Senegal und Serbien. Es darf keine rechtskräftige Ablehnung oder Rücknahme eines nach dem 31. August 2015 gestellten Asylantrag vorliegen. Die Rücknahme ist unschädlich, wenn diese wegen einer Rückkehrberatung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfolgte.
- Terroristische Organisation: Ein Geflüchteter darf keine Bezüge zu terroristischen Organisationen haben.
- Bei offensichtlichem Missbrauch kann die Ausbildungsduldung versagt werden.
- Die Identität der Person muss geklärt sein. Die Ausbildungsduldung kann trotz ungeklärter Identität erteilt werden, wenn alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Identitätsklärung ergriffen wurden.
Wenn die Identität der Person noch nicht geklärt ist, gelten Stichtagsregelungen. Die Fristen zur Identitätsklärung gelten als gewahrt, wenn alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Identitätsklärung ergriffen und die Identität fremdverschuldet erst nach Fristablauf festgestellt werden kann.- Bei Einreise bis 31.12.2016: Klärung der Identität bis zur Beantragung der Ausbildungsduldung.
- Bei Einreise zwischen 01.01.2017 und 01.01.2020: Klärung der Identität bis zur Beantragung der Ausbildungsduldung, spätestens bis zum 30.06.2020.
- Bei Einreise nach dem 01.01.2020: Klärung der Identität innerhalb der ersten 6 Monate nach Einreise.
Bereits während des Asylverfahrens ist ein Geflüchteter verpflichtet an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken. Insbesondere bei einem negativen Bescheid zählt dazu die Beantragung eines Passes bzw. eines Passersatzpapiers bei der zuständigen Botschaft. Für den Übergang in das "+2", also für die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis, ist ein Pass bzw. Passersatzpapier zwingend notwendig. Daher sollte sich bereits von Anfang an während der Duldung, also der "3"-Phase, um einen Pass bzw. Passersatzpapier gekümmert werden. In unserem Webinar finden Sie hierzu viele wichtige Tipps und Hinweise.
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen dienen dazu die Ausreise einer ausreisepflichtigen Person - bzw. Geduldeten - vorzubereiten. Grundsätzlich wird jede Person, die kein Asyl bekommt, zur Ausreise aufgefordert. Werden dann tatsächliche Maßnahmen eingeleitet, wie die Buchung eines Fluges in das Herkunftsland, so sind dies aufenthaltsbeendende Maßnahmen. Die Maßnahmen sind gesetzlich konkretisiert und bundesweit vereinheitlicht. Zu den Maßnahmen zählt unter anderem wenn durch das Landesamt eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit veranlasst wurde, der Termin der Abschiebung feststeht, der Antrag zu einer geförderten Ausreise gestellt ist oder ein Verfahren zur Dublin-Überstellung läuft.
Wichtig: Die Duldungspapiere für die Ausbildungsduldung unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von denen anderer Duldungsformen, haben aber den Vorteil, dass keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eingeleitet werden können. Hier ist es deshalb wichtig, in die Nebenbestimmungen zu schauen: Wird in den Duldungspapieren auf das Erlöschen einer Duldung nach Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hingewiesen, wenden Sie sich umgehend an die Ausländerbehörde und lassen Sie diesen Zusatz entfernen. Bestimmungen zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen dürfen bei einer Ausbildungsduldung nicht vorhanden sein.
Nicht grundsätzlich. Wenn Sie nachweisen können, dass die berufliche Qualifikation außerhalb des bisherigen Ausbildungsbereichs liegt oder über die bisherige berufliche Tätigkeit hinaus Wissen vermittelt, haben Sie dennoch gute Chancen auf eine Ausbildungsduldung. Erläutern Sie dies auch in Ihrem Antrag (siehe unten).
Wenn die Ausländerbehörde davon ausgehen muss, dass Sie die Ausbildung nur für den Zweck der Duldung und nicht aufgrund des Erwerbs von beruflichen Fähigkeiten ergriffen haben, kann dies einen offensichtlichen Missbrauch nach § 60 c Absatz 1 Satz 2 darstellen. In den Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern finden Sie auf S. 9-10 weitere Informationen.
Unabhängig warum und von wem die Ausbildung abgebrochen wird, kann einer Person mit Ausbildungsduldung zur Suche eines neuen Ausbildungsplatzes für 6 Monate eine Duldung gewährt werden. Wird die Ausbildung nicht mehr betrieben, abgebrochen oder vorzeitig beendet, so muss die an der Ausbildung beteiligte Bildungseinrichtung (in einer dualen Ausbildung der Ausbildungsbetrieb) dies innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder elektronisch der zuständigen Ausländerbehörde mitteilen. Weiteres hierzu im Beitrag Was hat es mit der Mitteilungspflicht auf sich?
Die Ausbildungsduldung kann für ein nicht bestandenes Lehrjahr verlängert werden. Insgesamt kann die Prüfung noch zweimal wiederholt werden (insgesamt 3 Versuche). Sollte sich abzeichnen, dass die/der Auszubildende auch die 3. Prüfung auf keinen Fall besteht, ist eventuell eine Beschäftigungsduldung möglich. Kontaktieren Sie uns gerne!
Im Anschluss an die Ausbildungsduldung haben Geduldete ein Anrecht auf eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre, in denen Sie den erlernten Beruf ausüben können. Voraussetzung sind insbesondere eine Erfüllung der Passpflicht sowie ausreichender Wohnraum (zum Beispiel eigenes WG-Zimmer). Weitere Informationen finden Sie in unserem Infopapier.
Auch in diesem Fall kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d erteilt werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt werden. Leider liegt die Erteilung in diesem Fall im Ermessen der Ausländerbehörden. Bis auf Einzelfälle im Bundesland Bayern bei Erst- und Folgeanträgen, die als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurden, sind uns hier aber keine Probleme bekannt. Als Argumentationshilfe finden Sie hier die Anwendungshinweise des Landesamtes für Asyl und Rückführungen Bayern zur Beschäftigung und Berufsausbildung von Asylbewerbern und Geduldeten (4.6.3., S. 63). Kontaktieren Sie uns gerne!
Die zweijährige Aufenthaltserlaubnis im Rahmen der Ausbildungsduldung kann vor Ablauf verlängert werden. Dies ist wiederum um bis zu zwei Jahre möglich. Eine Aufenthaltserlaubnis ist immer zeitlich begrenzt und kann erneuert werden, wenn die Begründung für die Aufenthaltserlaubnis (in diesem Fall Beschäftigung) erhalten bleibt. Nach fünf Jahren mit einer Aufenthaltserlaubnis (also fünf Jahre nach Abschluss der Ausbildung) kann eine unbefristete Niederlassungserlaubnis beantragt werden.
Teilzeitausbildung
Mit Inkrafttreten des novellierten Berufsbildungsgesetzes zum 1. Januar 2020 wurde die Teilzeitberufsausbildung (TZA) für einen größeren Personenkreis geöffnet und zugleich attraktiver gestaltet. Sie ist nun für alle Auszubildenden offen und muss vertraglich zwischen dem/der Auszubildenden und dem Betrieb vereinbart werden. Der Ausbildungsvertrag beinhaltet die Dauer der Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit und muss der zuständigen Stelle vorgelegt werden.
Grundsätzlich wird bei der Teilzeitausbildung zwischen zwei Modellen unterschieden:
Das Modell 1 ist das Komplettmodell:
Die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit wird für die gesamte Zeit der Berufsausbildung vereinbart.
Das Modell 2 ist das Zeitraummodell:
Die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit wird für einen bestimmten Zeitraum der Berufsausbildung vereinbart.
Eine Teilzeitausbildung, betrieblich oder schulisch, kann grundsätzlich in allen anerkannten Berufen absolviert werden. Bei schulischen Ausbildungen muss zunächst geklärt werden, ob die jeweilige Schule dieses Format anbietet.
Bei der Ausbildungsduldung handelt es ich um eine spezielle Duldung für abgelehnte Asylbewerber*innen, die eine Ausbildung in Deutschland absolvieren (möchten). Sie erhalten für die Zeit der Ausbildung (in der Regel drei Jahre) eine Duldung. Nach Abschluss der Ausbildung erhalten sie für zwei Jahre einen regulären Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit, um dem erlernten Beruf nachzugehen. Dieser kann anschließend verlängert werden. So soll Betrieben wie auch Geflüchteten Rechtssicherheit und Perspektive während und nach der Ausbildung gegeben werden, auch wenn kein Recht auf Asyl vorliegt.
- Die Person muss einen rechtskräftig abgelehnten Asylantrag haben - die Aufenthaltsgestattung ist erloschen. Das heißt die Klagefrist gegen die Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) muss abgelaufen sein oder das Gerichtsverfahren gegen die Entscheidung des BAMFs muss beendet sein.
- Die Person muss mindestens 3 Monate im Besitz einer Duldung sein oder die Ausbildung im laufenden Asylverfahren begonnen haben. In letzterem Fall sollten Sie die Ausbildungsduldung zeitnah beantragen.
- Die Person muss eine staatlich anerkannte Berufsausbildung anstreben. Das heißt für jede mindestens zweijährige duale Berufsausbildung oder schulische Ausbildung kann eine Ausbildungsduldung beantragt werden. Die Übersicht der staatlich anerkannten Berufsausbildungen finden Sie hier (bundesweite Regelungen). Auch eine staatlich anerkannte oder vergleichbar geregelte Ausbildung in einem Assistenz- oder Helferberuf ist möglich (Übersicht der landesrechtlichen Regelungen hier). Die Ausbildung muss anschlussfähig an eine qualifizierte Ausbildung in einem Mangelberuf sein. Für diese anschließende Berufsausbildung muss eine Ausbildungsplatzzusage vorliegen.
- Es dürfen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bevorstehen. Dazu zählen beispielsweise:
- Ärztliche Untersuchungen zur Feststellung der Reisefähigkeit
- Antrag zur geförderten Ausreise
- Buchung des Abschiebeflugs
- Dublin-III-Verfahren (Bestimmung des zuständigen EU-Staats)
- Es dürfen keine sogenannten Versagensgründe vorliegen (siehe FAQ Versagensgründe).
Der Nachteilsausgleich bezieht sich auf den Artikel 3 des Grundgesetzes sowie den Paragraphen 65 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und dient der Wahrung von Chancengleichheit. Er soll jegliche Nachteile aufgrund einer geistigen, körperlichen oder seelischen Behinderung bei Prüfungen ausgleichen. Anspruch auf einen Nachteilsausgleich haben diejenigen, die eine solche Beeinträchtigung nachweisen können. Psychische Störungen wie Prüfungsangst, kurzfristige körperliche Beeinträchtigungen (Krankheit, Knochenbruch) und Defizite in der deutschen Sprache sind vom Nachteilsausgleich in der Regel implizit oder explizit ausgeschlossen. Darüber hinaus sind es immer Einzelfallprüfungen durch die zuständige Stelle der betreffenden Ausbildungsstätte.
Den Antrag auf Nachteilsausgleich müssen Sie spätestens zur Prüfungsanmeldung stellen. Noch besser ist es, wenn Sie ihn früher stellen. Planen Sie ausreichend Zeit ein, um Nachweise und Unterlagen zu organisieren.