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Auswertung Online-Befragung 2024

Wohnraummangel ist große Herausforderung für Unternehmen, die Geflüchtete und Azubis aus Drittstaaten beschäftigen

10.04.2024: Das neunte Jahr in Folge hat das bundesweite NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge (NUiF) seine Mitgliedsunternehmen zum aktuellen Stand der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten befragt. Zudem spielte die Einwanderung in Ausbildung aus Drittstaaten in den letzten Jahren eine immer größere Rolle für die Mitgliedsbetriebe. Deshalb wurden sie erstmals auch zu den Herausforderungen in der Arbeitsmarkintegration von Azubis aus Drittstaaten befragt.

Von den zum Befragungszeitpunkt rund 4.300 Mitgliedern haben insgesamt 374 Unternehmen an der Befragung teilgenommen. Zwei Drittel der teilnehmenden Betriebe (66 Prozent) sind kleine und mittlere Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitenden.

Zentrale Erkenntnisse

Die Ergebnisse im Jahresvergleich

1. Das Hauptmotiv für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten bleibt der Fach- und Hilfskräftemangel (80 Prozent), gefolgt von der Übernahme sozialer Verantwortung (72 Prozent).

Trotz eines wirtschaftlich herausfordernden Jahres 2024 konnten, laut DIHK-Fachkräfte-Report 2024/2025, 43 Prozent der befragten Betriebe offene Stellen teilweise nicht besetzen. Diese Herausforderung spüren auch die Unternehmen im NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge: Für 80 Prozent der Betriebe ist der Fach- und Hilfskräftemangel der Hauptgrund, Geflüchtete einzustellen – und bleibt damit wie erstmalig im Vorjahr das wichtigste Motiv. Daneben ist die Übernahme sozialer Verantwortung mit 72 Prozent weiterhin ein zentraler Beweggrund für die Ausbildung und Beschäftigung.

Abbildung 1: Beweggründe der Unternehmen Geflüchtete einzustellen (Im Jahresvergleich)

2. Wohnraummangel wird von den NETZWERK-Unternehmen als größte Herausforderung bei der Beschäftigung von Geflüchteten bewertet, gefolgt von komplizierten Verfahren und Vorschriften und der Anerkennung von Abschlüssen.

Das Thema Wohnraum hat in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit erfahren und beschäftigte auch die NETZWERK-Betriebe immer wieder, deshalb wurde dieses Kriterium in der Frage nach den Integrationsherausforderungen 2024 erstmals hinzugefügt. Der Wohnraummangel setzt sich direkt an die Spitze der Herausforderungen und wird von 43 Prozent der befragten Unternehmen als sehr schwierig oder nicht zu überwinden eingeschätzt. Bezahlbarer Wohnraum gilt in vielen Regionen Deutschlands als Mangelware und wird zur kritischen Limitation für Stellenbesetzungen, vor allem wenn ein Wohnortwechsel nötig wird.

Zudem sehen 35 Prozent der befragten Unternehmen die komplexen Verfahren und Vorschriften bei der Beschäftigung von Geflüchteten als eine große Herausforderung an. Auch wenn dieses Problem um 7 Prozentpunkte seltener genannt wird als im Vorjahr, bleibt es ein zentrales Thema für die Unternehmen. Die Ursachen dafür scheinen unverändert: Das Asylrecht mit seiner Vielzahl an unterschiedlichen Status ist nach wie vor sehr komplex. Zudem stellen die bürokratischen Prozesse in den Behörden Unternehmen in der Praxis immer wieder vor Herausforderungen.

Knapp ein Drittel der Unternehmen (31 Prozent) schätzt zudem das Thema „Anerkennung von Abschlüssen“ als sehr schwierig oder nicht zu überwinden ein. Diese Herausforderung wurde in der aktuellen Befragung ebenfalls das erste Mal abgefragt. Hintergrund für die häufige Nennung dieser Herausforderung könnte sein, dass mit einem Anteil von 22 Prozent, Unternehmen in den Bereichen Gesundheits- und Sozialwesen und Erziehung und Unterricht einen wesentlichen Anteil unter den Befragungsteilnehmenden ausmachen. Die dazu zählenden Pflege- und Erziehungsberufe sind in Deutschland reglementiert und die Anerkennung ausländischer Abschlüsse ist für die Ausübung dieser Berufe verpflichtend.

Abbildung 2: Herausforderungen bei der Integration von Geflüchteten

3. Fast alle NETZWERK-Betriebe unterstützen ihre Mitarbeitenden mit Fluchthintergrund auf unterschiedliche Art. Weiterbildungen und Hilfe bei Behördengängen sind zentrale Angebote, um Mitarbeitende mit Fluchthintergrund bei der Integration im Unternehmen und im Alltag zu unterstützen.

Wie auch in den vorherigen Jahren ist das Engagement der Unternehmen sehr hoch, wenn es darum geht, ihre Azubis und Mitarbeitenden mit Fluchthintergrund im Arbeitsalltag und auch bei der Integration ins private Umfeld zu unterstützen.

Während 2023 die Unterstützung bei der Wohnungssuche auf einen Rekordwert (63 Prozent) angestiegen war, ist diese im aktuellen Befragungsjahr wieder um 11 Prozentpunkte auf 52 Prozent gefallen. Dies könnte vor allem damit zusammenhängen, dass Unternehmen aktuell noch nach Wegen und Lösungen suchen, wie sie dieser Herausforderung begegnen können.

Generell zeigt sich, dass Unternehmen vor allem da unterstützen, wo sie selbst aktiv werden können. So unterstützen 67 Prozent der Unternehmen sowohl bei Behördengängen als auch mit Schulungen und Weiterbildungen. Mehr als die Hälfte der Betriebe ermöglichen auch (zusätzliche) Sprachkurse (56 Prozent) und bieten gezielten Nachhilfeunterricht für ihre Auszubildenden (52 Prozent) an.

Abbildung 3: Unterstützungsangebote der Unternehmen
Abbildung 4: Unterstützungsangebote der Unternehmen (im Jahresvergleich)

4. Zum ersten Mal wurden die NETZWERK-Betriebe zu ihren Erfahrungen mit der Einwanderung in die Ausbildung befragt. Bereits 40 Prozent der Mitgliedsunternehmen beschäftigen Auszubildende aus Drittstaaten oder befinden sich aktuell im Rekrutierungsprozess.

So viele Betriebe wie nie können ihre Ausbildungsplätze nicht vollständig besetzen – laut DIHK-Ausbildungsumfrage ist mittlerweile knapp die Hälfte der IHK-Ausbildungsbetriebe betroffen. Die Rekrutierung von Auszubildenden aus Drittstaaten gewinnt daher an Bedeutung. Erstmals hat die Mitgliederbefragung 2024 die Erfahrungen der NETZWERK-Unternehmen dazu erfasst. Bereits 40 Prozent der Befragten bilden demnach Auszubildende aus Drittstaaten aus oder befinden sich aktuell im Rekrutierungsprozess. Weitere 17 Prozent denken darüber nach, Auszubildende aus Drittstaaten zu rekrutieren, um den eigenen Bedarf an Azubis zu decken.

Abbildung 6: Azubis aus Drittstaaten

Mit Blick auf die Bewertung der Herausforderungen bei der Integration dieser Zielgruppe zeigen sich Ähnlichkeiten zu den Geflüchteten. Unternehmen, die bereits Azubis aus Drittstaaten beschäftigen, nehmen, ähnlich wie bei der Beschäftigung von Geflüchteten, den Wohnungsmangel (52 Prozent) und die komplizierten Verfahren (37 Prozent) als größte Hürden wahr. Mit 9 Prozentpunkten mehr wird das Thema Wohnungsmangel bei der Azubi-Rekrutierung aus Drittstaaten als nochmal herausfordernder wahrgenommen. Das kann vor allem damit zusammenhängen, dass die einreisewilligen Auszubildenden bereits aus dem Ausland heraus eine Wohnung finden müssen. Häufig übernehmen Betriebe die Wohnungssuche, denn zum Teil verlangen Botschaften bereits einen Mietvertrag als Voraussetzung für das Visum.

Zudem wird die Unsicherheit in der Personalplanung von fast einem Drittel (29 Prozent) der Unternehmen als sehr schwierig oder nicht zu überwinden eingeschätzt. Für Unternehmen stellen vor allem die Verfahrenslänge der Antragstellung und die Prozesse bei der Visumvergabe zwei besondere Herausforderung in der Betriebspraxis dar. Zudem wünschen sich Unternehmen, dass Einreisevisa mit mehr Vorlauf zum Ausbildungsbeginn ausgestellt werden, damit noch ausreichend Zeit für organisatorische und persönliche Angelegenheiten vor dem Ausbildungsstart bleibt.

Abbildung 7: Herausforderungen für Unternehmen bei der Integration von Azubis aus Drittstaaten

Weitere Informationen

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Das NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge wurde 2016 als gemeinsame Initiative der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gegründet. Mit mehr als 4.400 Mitgliedern ist es deutschlandweit der größte Zusammenschluss von Unternehmen, die sich für die Beschäftigung von Geflüchteten engagieren. Die Angebote des NETZWERKs wie Informationsmaterialien, Webinare, Workshops und Veranstaltungen sind wie die Mitgliedschaft kostenlos.

Weitere Information unter www.unternehmen-integrieren-fluechtlinge.de.

Pressekontakt

Katharina Reiche

NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge
E-Mail: reiche.katharina@dihk.de
Tel.: +49 30 20 308 – 6559